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Halloween Gruselgeschichten Gewinnspiel

Geisterstunden bei "Was liest Du?"

Gruselgeschichten-Contest

Finstere Nächte, geisterhafte Wesen und schauderhafte Ereignisse: Jetzt wird’s gruselig bei „Was liest du?“ ...

Rund um Halloween möchten wir mit euch unheimliche Bücher und Filme entdecken, in unserem hauseigenen Backstudio schaurige Snacks für euch vorbereiten und natürlich wieder mit euch gemeinsam kreativ werden. Kellertür auf – wir präsentieren euch zum Start des Halloween-Wochenendes unseren Gruselgeschichten-Contest!

Und so geht’s: Bis zur Geisterstunde des 6. Novembers habt ihr die Möglichkeit, eine selbst erdachte Kurzgeschichte per Kommentar unter diesem Beitrag einzureichen. Die Mindestsatzanzahl beträgt 10 Sätze. Nach oben hin gibt’s keine Vorgabe, allerdings sollte das Format Kurzgeschichte eingehalten werden. Beim Setting, der Perspektive und der Zeit, in der eure Geschichte spielt, sind eurer Fantasie keine Grenzen gesetzt. Lediglich blutrünstige Splatter-Horrorstorys sind nicht gewollt. In Tradition der klassischen Gruselgeschichte liegt der Fokus vielmehr auf subtiler Spannung, mysteriösen Gestalten und/oder unerklärlichen Geschehnissen.

Unter allen Einreichungen, welche den Vorgaben entsprechen, könnt ihr dann ab dem 7. November bei uns in der Community abstimmen und die beste Gruselstory küren. Und zu gewinnen gibt es natürlich auch etwas: Unter allen Teilnehmer*innen verlosen wir zwei Herbstpakete inklusive Lesestoff, Kuschelsocken und leckerem Tee. Zudem erhält die oder der Gewinner*in des Contests ein drittes Herbstpaket, in dem sich zusätzlich ein 50-Euro-Gutschein für die Mayersche Thalia Buchhandlungen befindet.

Die Teilnahmebedingungen findet ihr hier.

Wir ziehen jetzt die Decke weit über die Schläfen und blinzeln voller schauriger Vorfreude hinter ihr hervor: Unser Gruselgeschichten-Contest ist eröffnet!

Viel Spaß beim Fabulieren & Schaudern!

Kommentare

Seiten

Aline Kappich kommentierte am 30. Oktober 2020 um 11:54

Hier könnt ihr im Rahmen unserer Halloween-Aktion plaudern, kommentieren und Fragen stellen.

 

AdorableBooks kommentierte am 30. Oktober 2020 um 12:10

Beitrag 1: Die Katze

Es war ein windiger Herbsttag. Kleine Blätter schlugen immer wieder klackend gegen das Dachfenster. Ich hatte meine Lichterkette hinter dem Sofa eingeschaltet, eine Tasse heißen Tees dampfte neben mir und ich zog die Decke eng um meinen Körper. Kurz zuvor hatte ich mir ein neues Buch aus meinem Bücherregal genommen und begann zu lesen. Ich weiß nicht, wann genau ich eingeschlafen bin, aber ein Poltern aus der Küche weckte mich auf. Die Lichterkette war schon erloschen. Die Batterien hielten heutzutage auch nicht mehr was sie versprachen, dachte ich grummelnd.  "Wahrscheinlich nur die Katze." flüsterte ich als ich mir die Augen rieb, merkte jedoch, das kleine Gewicht auf meinen Füßen. Da hatte sich mein Fellball wohl auf meinen Beinen zum Schlafen zusammen gerollt. Da wieder etwas in der Küche auf den Boden gefallen war, zog ich meine Füße vorsichtig unter Luna hervor und tapte im Dunkeln in Richtung Küche. Ein Rascheln ließ mich innehalten. Die Härchen in meinem Nacken stellten sich auf. Ich betätigte den Schalter an der Wand, das Licht flammte auf und meine Katze blinzelte mich aus zusammengekniffenen Augen an. Mit einem kleinen Schnurren kam sie zu mir und strich um meine Beine. Auf dem Boden lag eine Plastikschüssel und die Weintrauben hatten sich in der Küche verteilt. Mit einem Seufzen machte ich mich daran die Früchte wieder in die Schüssel zu legen, da schoss mir ein Gedanke durch den Kopf. Wenn Luna hier in der Küche war, was hatte dann auf meinen Füßen gelegen?

Gittenen Bücherfresserchen kommentierte am 30. Oktober 2020 um 12:00

: )

Es mochte dich ,wie es scheint, wenigstens

Petzi_Super_Maus kommentierte am 30. Oktober 2020 um 19:54

brrr wie gruselig... *gänsehaut
 

Konstanze S. kommentierte am 01. November 2020 um 08:17

Dito :-D

florinda kommentierte am 30. Oktober 2020 um 13:21

Beitrag 2: Luzie, der Schrecken der Klasse

Wegen der durch Corona erforderlich gewordenen Einschränkungen war auch Halloween in diesem Jahr etwas anders als sonst. Ganz verzichten wollte die 3a der Maximiliane Musterfrau-Schule unter Frau Rottmann (ihr Spitzname "Frl. Rottenmeyer" war ein offenes Geheimnis) allerdings auch nicht. Also hatte man vereinbart, sich nach der letzten Unterrichtsstunde in der großen, gut gelüfteten Turnhalle mit ausreichendem Sicherheitsabstand zu einem Stuhlkreis zu treffen. Gemeinsam wollten sie dort mit ekelschleimgrün überzuckergussten Pfannkuchen/Krapfen/Berlinern und Kinderpunsch die hässlichste Erscheinung küren. Die SchülerInnen verschwanden also nacheinander mit ihrem Gepäck hinter einem Paravent und traten dann "ent-hübscht" wieder hervor, woraufhin jeder Auftritt gesondert besprochen wurde. 

Es gab gruselige Vampire, bleiche Leichen und was sonst noch so mehr oder weniger geschickt zustande gebracht worden war. Die Lehrerin fand für jedes Kind irgendeinen positiven Kommentar, auch die Kinder untereinander applaudierten sich gegenseitig. Eine Ausnahme machte natürlich wieder einmal Luzie. Wie üblich hatte sie an allem, wobei nicht sie höchstselbst bewunderter Mittelpunkt war, etwas auszusetzen. Besonders Basti, ihr häufigstes Mobbingopfer, erhielt gründlich sein Fett weg. 

Als letzte war sie an der Reihe. Als sie nach ihrem Gepäck greifen wollte, ging das Licht aus. Erschrocken kreischten alle auf. Dann ging wie von Geisterhand das Licht wieder an. Jetzt kreischte lediglich Luzie: "Meine Maske ist weg!"

"Brauchste nich!" kam von Basti. "Hast auch so den ersten Platz!"

Konstanze S. kommentierte am 01. November 2020 um 08:18

Tolle Idee! Man gönnt es dem Basti ... und Luzie *fg*

Emswashed kommentierte am 30. Oktober 2020 um 14:02

Beitrag 3: Nach einer wahren Begebenheit 

Es war zu der Zeit, als große Familienfeiern noch möglich waren und wir waren alle zur Taufe meines Neffen im 5 km entfernten Nachbardorf eingeladen. Das Fest war groß, ausgelassen und wollte auch nach Kaffe und Kuchen noch nicht enden. Eine kurze Beratung mit meiner Familie und ich bot mich an, zwischendurch mit dem Auto nach Hause zu fahren und die Katze zu füttern, die sehr auf Pünktlichkeit beharrte und bei Ungehorsam gern mal die Tapete von den Wänden holte.

Angekommen, ging ich zuerst in die Küche und bereitete das Futter vor, klapperte mit dem Geschirr und wunderte mich ein wenig darüber, dass die Katze dieses Signal zu überhören schien.

Die Dämmerung hatte schon begonnen, aber ich konnte noch genug erkennen, ohne Licht zu machen. Plötzlich klappte eine Tür im Zwischengang der zwei Haushälften, die auf fast allen Ebenen mit Durchgängen verbunden sind. Ich dachte, es sei der Wind und ging auf den Durchgang zu, um zu schauen, wo die Katze blieb.

Da hörte ich dann Schritte! Menschliche Schritte, wie von Schuhen auf Fliesenboden. Sämtliche Härchen auf Armen und Nacken sträubten sich und ich verharrte mitten in der Bewegung. Sekunden später schoß die Katze aus dem Durchgang an mir vorbei, blieb wie angwurzelt hinter mir stehen und machte einen Buckel. Ich vergaß zu atmen und mein Herz schien für ein paar Schläge auszusetzen.

Sekundenlang und mucksmäuschenstill standen wir nun so und ich überlegte fieberhaft, was ich nun tun sollte. Mit zittrigen Fingern griff ich das Telefon aus dem Flur, schlich damit ins Wohnzimmer, die Katze kam ohne zu zögern mit mir mit, und schloss die Tür so leise ich konnte. Inzwischen zitterte mein Körper dermaßen, dass ich drei Anläufe brauchte, um die richtige Nummer zu wählen. Es läutete 10 Mal am anderen Ende und die Tränen stiegen mir in die Augen, dann wurde abgehoben. Mein Schwager meldete sich, der Hintergrund war von Gelächter und Musik erfüllt, deshalb verstand er mein Flüstern auch erst nicht. Zusammenhängende Sätze waren in diesem Moment nicht gerade meine Stärke. Nachdem er die Feiergesellschaft um Ruhe gebeten hatte, ich zum dritten Mal darum bat, es möge bitte jemand sofort kommen, einigten wir uns darauf, dass ich bleiben solle wo ich bin und kein Licht und kein Geräusch machen solle.

So stand ich da, im Wohnzimmer, der Puls auf 180 und wartete endlose Minuten, die mir wie Stunden vorkamen, auf das Geräusch eine heranbrausenden Autos. Die Dämmerung war der Nacht gewichen und ich konnte durch das große Fenster die mondbeschienen Schatten der Bäume im weitläufigen Garten sehen. Sonst herrschte absolute Stille.... kein Auto... kein Mucks von der Katze, aber auch keine Schritte mehr. Meine Nerven entspannten sich ein wenig. Mich hinzussetzen war aber noch nicht möglich, meine Gedanken wanderten durchs Mobiliar auf der Suche nach einem geeigneten "Schlagzeug".

Doch wo blieb das Auto mit dem starken Mann? Nichts! Was dann geschah zog mir den Boden unter den Füßen weg. Draußen vor dem Fenster leuchtet jemand mit der Taschenlampe zu mir hinein, schien den Raum abzusuchen und verschwand dann um die Ecke. Ich schrie, die Katze schrie auch, aber bewegen konnte ich mich nicht. Plötzlich wurde die Zimmertür geöffnet und der Kopf meines Vaters streckte sich herein. Er legte den Finger auf die Lippen, bedeutet mir, still zu sein und verschwand dann wieder im Flur.

Was war geschehen? Sämtliche Männer der Feier hatten sich zur Verbrecherjagd verabredet, hatten ihre Autos eine Querstraße weiter abgestellt, waren zum Haus geschlichen und hatten dann mit Taschenlampen von außen nach Einbruchspuren und offenen Türen gesucht. Sie wollten niemanden aufscheuchen, hatten mich im Wohnzimmer dabei aber völlig vergessen. Erst mein Vater kam dann mit seinem Schlüssel herein um mich zu beruhigen. Gemeinsam haben sie dann das ganze Haus durchsucht, sämtliche Fluchtwege kontrolliert, aber nur uns zwei schlotternden Tröpfe vorgefunden.

Schnell war klar, dass niemand hinein, oder hinaus gelangt sein konnte. Die einzige Erklärung für meine Aufregung war, dass ich mir die Geräusche nur eingebildet hatte, oder die Katze selbst die Ursache war.

Nun denn, Schritte und klappende Türen ohne Luftzug, so täuschend echt, dass sich selbst die Katze erschrak! (eine wahre Begebenheit)

Konstanze S. kommentierte am 01. November 2020 um 08:19

Moah, gruselig! Danke, dass du dein Erlebnis mit uns teilst :-)

Sursulapitschi kommentierte am 10. November 2020 um 16:33

Meine Güte, ein Krimi! 

Everly kommentierte am 13. November 2020 um 05:22

Brrr... Wahrer Horror

Leser44 kommentierte am 30. Oktober 2020 um 15:49

Beitrag 4: Der Ehemann

Wie jeden Abend setzte er sich in seinen Sessel und schlug das Buch auf. Ein Klassiker, den er aus der Büchersammlung seiner verstorbenen Ehefrau genommen hatte. Er suchte die Seite, die er zuletzt gelesen hatte. Schnell fand er das Eselsohr mit dem er die Seite markiert hatte. Wenn seine Frau nur wüsste, dass er Eselsohren in ihre kostbaren Bücher knickte, sie würde sich im Grab umdrehen. Er fing an zu lesen. Mit seinen fast 90 Jahren, war es ein Wunder, dass er die Buchstaben überhaupt noch erkennen konnte. Kaum hatte er ein paar Seiten gelesen, erregte ein Geräusch seine Aufmerksamkeit. Ganz leise war Musik zu hören. Bestimmt wieder einmal die frechen Nachbarskinder. Kinder konnte er noch nie leiden. Die Musik verstummte. Er las weiter. Doch kaum hatte er die nächste Seite gelesen, fing die Musik wieder an. Diesmal viel lauter. Na das reicht jetzt aber! Wütend knickte er ein Eselsohr in die Seite, die er gerade las, klappte das Buch zu und stand auf. Er schlürfte den Gang entlang in Richtung Haustür. Er würde jetzt zu den Nachbarn rübergehen und sich beschweren! Doch als er an der Tür seines Schlafzimmers vorbeikam, blieb er stehen. Die Musik kam gar nicht von draußen. Sondern aus seinem Schlafzimmer. Er machte die Tür auf. Und da war auch schon der Störenfried! Das Radio auf dem Nachttisch seiner verstorbenen Frau. Er ging hin und schaltete es aus. Warum das Radio an war, wusste er nicht und interessierte ihn auch nicht. Hauptsache er hatte wieder seine Ruhe. Er ging zurück ins Wohnzimmer zu seinem Sessel. Er klappte das Buch auf und suchte wieder das Eselsohr. Kaum hatte er die Seite gefunden und aufgeschlagen, fiel ihm ein Zettel in den Schoß. Na wie kam der denn dahin? Er hob den Zettel auf und erstarrte. Auf dem Zettel stand nur ein einziger Satz. Mit der Handschrift seiner verstorbenen Frau. „Wenn du in Ruhe lesen möchtest, dann hör auf Eselsohren in die Seiten meiner schönen Bücher zu knicken!“

Konstanze S. kommentierte am 01. November 2020 um 08:19

I like! Gruselig und humorvoll, super.

KassandrasRufe kommentierte am 01. November 2020 um 13:09

Eselsohren in geliebten Büchern - das geht gar nicht, eine achte Todsünde! und siehe da, sie können sogar Verstorbene zurückrufen!

wandagreen kommentierte am 12. November 2020 um 09:06

Im Namen der Bücher!

Gittenen Bücherfresserchen kommentierte am 30. Oktober 2020 um 19:30

Gelinde kommentierte am 10. November 2020 um 16:39

Oh wie schön, wieder deine tollen Bilder

Cassandra kommentierte am 30. Oktober 2020 um 20:59

Beitrag 5: Der Blutsauger von nebenan

Der Abend vor Allerheiligen. Klara will noch schnell ihre Mutter  besuchen,  bevor  sie zur Halloween-Party  aufbricht.  Sie steigt ins Auto und fährt aufs Land hinaus. Es wird immer dunkler, als plötzlich das Fahrzeug zu Rauchen anfängt.

Mist, das Handy liegt daheim auf dem Wohnzimmertisch. So macht sie sich zu Fuß auf den Weg ins nächste Dorf, als plötzlich ein Auto neben ihr hält und ein Vampir aussteigt. 

Er lächelt sie mit seinen Reißzähnen furchteinflößend an. Panisch und in Sorge vor dem unausweichlichem Biss flüchtet sie in den nahen Wald.

Immer tiefer  flüchtet sie in den Wald hinein, den Verfolger immer dicht auf den Fersen. Bei jedem Ächzen und Knacken bleibt ihr Herz vor lauter Todesangst fast stehen.

Da stolpert sie über eine Wurzel und verstaucht sich den Knöchel. Es geht für sie nicht  mehr  weiter. Schlotternd hört sie das Wesen näher kommen. Jetzt ist es nur noch 3 Schritte entfernt.

Fast ohnmächtig hört sie den Vampir fragen, ob er ihr helfen kann. Da erkennt  sie ihn an der Stimme, es ist der Untermieter ihrer Mutter, der zur gleichen Halloween-Party unterwegs war.

 Dies war nicht die letzte gemeinsame Halloween-Party der Beiden.

KassandrasRufe kommentierte am 01. November 2020 um 13:14

Ha! der nette Blutsauger - von nebenan! thx. Und, als was war Klara verkleidet?

Cassandra kommentierte am 02. November 2020 um 17:29

Als Gothic Lady, mit weiß geschminktem Gesicht  und schwarzen Lippen. Stark, aber trotzdem  schreckhaft.

Susi kommentierte am 30. Oktober 2020 um 22:29

Nachts durch das Moor zu gehen war keine gute Idee. Das wußte er selbst, aber trotzdem hatte er die Warnungen seiner Mitstudenten in den Wind geschossen. Es war ja nur ein kurzes Stück. Zum Autofahren war er zu betrunken und den Weg durch das Moor kannte er, auch wenn er es bislang vermieden hatte, ihn im Dunkeln zu gehen. Zu viele Geschichten rankten sich darum. Von Wanderern, die sich verirrt hatten, von Kindern, die spurlos verschwunden waren und von Hexen, die einen nicht mehr frei gaben, wenn sie einen einmal in den Fängen hatten. Auch hatte er davon gehört, dass manch einer so lange im Moor umher irrte, bis er erst als alter Mann wieder hinaus fand.

Nein, die Geschichten jagden ihm keine Angst ein. Er hatte eher Bedenken realer Natur. Was, wenn er vom Weg abkam und seine neue Hose ruinierte, die er am Wochenende anziehen wollte, wenn Melanie ihn ihren Eltern vorstellen wollte. Oder wenn er im angetrunkenen Zustand stolperte und sich den Knöchel verstauchte, dann würde er es nicht rechtzeitig zur Vorlesung schaffen und der Professor hatte ihn sowieso schon auf dem Kicker. Er wäre wohl besser nicht so lange in der Kneipe geblieben, aber sein Freund Ben hatte Geburtstag gehabt und eine Lokalrunde nach der anderen geschmissen. 

Verflixt, was war das ? Erschrocken drehte Jan sich um. Da ! Es knackte schon wieder. Doch ein bißchen unheimlich hier, dachte er bei sich und torkelte langsam weiter. Vielleicht sollte ich singen, überlegte er, dann höre ich die Geräusche des Moores nicht mehr. Aber nachdem er losgröhlte hielt er schnell inne, denn sein eigener Gesang wirkte noch unheimlicher in dieser Umgebung. Ob Melanies Eltern ihn wohl mochten? Bißchen nervös bin ich ja, gestand er sich ein, an kommenden Sonntag denkend, als er wieder ein Knacken vernahm. Angespannt leuchtete er mit dem Handy in Richtung aus der er das Geräusch gehört hatte. Nichts. Zögernd und vorsichtig ging er weiter. Er hatte das Gefühl, als sei er plötzlich nüchtern. Wieso zog sich der Weg denn so? Tagsüber brauchte er keine Viertelstunde für das kleine Stück durch´s Moor.

Er guckte auf sein Handy, um zu sehen, wie lange er nun schon unterwegs war, da streifte plötzlich etwas seine Beine. Entsetzt schrie er auf und ließ vor Schreck sein Handy fallen. Sofort war es stockdunkel um ihn. Er blieb wie erstarrt stehen und traute sich kaum, seinem ersten Impuls, sich zu bücken, um sein Handy zu suchen, nachzugeben, da er nicht wußte, ob das Ding oder das Tier, was ihn gestreift hatte, noch in seiner Nähe war. Schließlich holte er tief Luft, schalt sich selbst einen Feigling und ging auf die Knie, um nach seinerm Handy zu tasten. Kurz dachte er noch an seine Hosen, aber die waren ihm inzwischen auch egal. Er wollte nur noch weg hier. Suchend tastete seine Hand auf dem Weg und im Gestrüpp. Plötzlich griff sie in etwas feuchtes, matschiges. Das Moor. Verflixt. Der Morast war doch sonst nicht so nah am Weg. Leise fluchend suchte er weiter. Dass er dabei immer weiter vom Weg abkam, merkte er erst, als er auch mit den Knien schon im Schlamm steckte.

Panisch richtete er sich auf. Ohne Licht den Weg zu finden schien unmöglich, da er ja nicht mal wußte wo in aller Welt dieser Weg hin verschwunden war. Aber sein Handy im Dunkeln zu finden war ebenfalls aussichtslos. Gerade, als er überlegte, ob er einfach stehen bleiben sollte, bis in paar Stunden die Sonne wieder aufgeht, hörte er leise Stimmen, die rasch näher kamen. Dann sah er auch Licht, was in der Dunkelheit aufblitzte. "Hallo!" , rief er laut. "Hilfe" zu rufen erschien ihm trotz seiner Lage etwas peinlich. Die Lichter kamen näher und die Stimmen, die inzwischen kicherten auch. Bald erkannte er zwei Mädchen in seinem Alter. Er war sich nicht sicher, ob sie ebenfalls an der Uni waren, aber er war unglaublich erleichtert , sie zu sehen. Endlich raus hier, auch wenn er Handy und Hose vergessen konnte. Es machte ihm auch nichts aus, dass sie über sein Mißgeschick lachten, nachdem er ihnen davon erzählte, wobei er den Teil mit der Angst, weil etwas sein Bein berührt hatte, auslies und er behauptete, gestolpert zu sein.

Die beiden hakten ihn unter und brachten ihn zum Rand des Moores. Dann drehten sie sich um und verschwanden so schnell, als hätten sie sich in Luft aufgelöst. Verwundert blickte er auf das Moor zurück. Dann schüttelte er langsam den Kopf. Mann, hab ich viel getrunken, ich bin ja noch viel besoffener, als ich dachte, murmelte er zu sich selbst und machte sich auf den Weg zum Campus. Das mit dem Handy war echt ärgerlich, aber vielleicht konnte man die Hose noch retten. Leise betrat er das Studentenwohnheim und ging in den Waschraum, um die Hose gleich einzuweichen. Müde guckte er in den Spiegel. Es dauerte eine Weile, bis er erkannte, was er da sah. Und es dauerte noch einiges länger, bis es sein Gehirn erfassen konnte. Aus dem Spiegel blickte ihm das Gesicht eines uralten Greises mit schlohweißen Haaren entgegen...

KassandrasRufe kommentierte am 01. November 2020 um 17:55

brrrrr... diesen beiden Mädchen möchte man nie begegnen

Die Geister die er rief… Konsum von geistigen Getränken, Alk, lässt vorzeitig altern, medizinisch und jetzt auch mystisch bewiesen! :-)

Konstanze S. kommentierte am 31. Oktober 2020 um 10:28

Beitrag 6: Es scheinen die alten Weiden so grau

Sie stürzte. Bereits zum dritten Mal in dieser feuchtkalten Halloween-Nacht. Ihre Freundinnen mussten sie für betrunken halten, denn sie schüttelten nur die Köpfe und setzten ihren Weg durch das gruselig geschmückte, von verkleideten Kindern bevölkerte Wohngebiet fort.
Dabei hatte sie verdammt nochmal gar nichts getrunken. Es war dieser komische weiße Nebelstreif, der sie eben erneut umfangen und ihren Sturz verursacht hatte.

"Hey, seht ihr das denn nicht? Helft mir gefälligst hoch!"
Wütend rappelte sie sich auf, klopfte sich den Straßendreck vom Kostüm und wollte ihren Mädels erneut hinterherrufen. Doch da war keiner mehr. Genau genommen, war da gar nichts mehr. Kein Laut, keine Menschen, keine Häuser, kein Geruch nach Süßem, nur Schwärze und das unaufhörlich lauter werdende Rauschen ihres eigenen Blutes in den Ohren.

Sie nahm ihren kondensierenden Atem wahr, klammernde feuchte Kälte, die sie umschloss und schließlich auch schemenhaft  Bäume. Doch nach wie vor hörte sie absolut nichts, außer ihrem rauschenden Blut.
Ein greller Lichtschein in ihrem Rücken ließ sie herumfahren. Da stand eine Frau, streckte liebevoll eine Hand nach ihr aus.

Sanfte Tränen stiegen in ihr auf, als sie heiser flüsterte: "Oma? Aber wie kann das sein? Du bist doch schon ... so lange tot?"
Sie konnte nicht anders, als die vertrauensvolle Geste ihrer Großmutter zu erwidern und auf sie zuzugehen.

Doch die gütigen Augen der Alten schienen plötzlich panisch an ihr vorbeizublicken, sie gefror in der Bewegung. Kein Laut drang durch die Stille. Nur der innere Blutsturm nahm stetig zu.
Kraftlos ließ die Alte ihre Hand sinken und als ihre Enkelin sich mit schreckgeweiteten Augen umwandte, war der undurchdringliche weiße Nebelstreif das Letzte, was sie sah. Seine eiskalte Umklammerung das Letzte, was sie spürte. Und an Stelle des Rauschens in ihren Ohren traten unwirkliche, weit entfernte Schreie und lieblicher Gesang.

(Mit Dank sowie in Anlehnung an J.W. von Goethe & H.C. Andersen)

wandagreen kommentierte am 31. Oktober 2020 um 19:21

Conni - gehts dir gut???

Konstanze S. kommentierte am 01. November 2020 um 08:21

Woas? Ja klar :-D
Zu konfus geschrieben? ^^

KassandrasRufe kommentierte am 01. November 2020 um 13:36

Die Tore zur Anders/Toden-welt sind weit geöffnet in dieser Nacht. Alles scheint möglich in diesen Zwischenräumen von altem und neuem Leben.

traurigschön!

Gittenen Bücherfresserchen kommentierte am 31. Oktober 2020 um 12:26

*

Gelinde kommentierte am 10. November 2020 um 16:40

super

E-möbe kommentierte am 31. Oktober 2020 um 16:12

Beitrag 7: Der Apfelbaum

Dieses verdammte Gewitter! Der Regen prasselte hämmernd gegen die Scheiben, immer wieder zerrissen Blitze die sonst undurchdringliche Dunkelheit und Donner schüttelte das Haus bis in seine Grundfesten. Zu müde, um wach zu bleiben, aber zu wach, um zu schlafen, starrte ich mit halb geschlossenen Lidern ins Nirgendwo. Wieder ein greller, gezackter Blitz, der sich quer über den Horizont zog. Der heulende Wind drückte die Äste des Apfelbaums gegen das Fenster, das weiße, scharfe Licht illuminierte für einen Moment die Zweige, die wie knochenweiße Geisterfinger auf mich deuteten und knirschend über das Glas fuhren. In meinem semibewussten Zustand fand ich, dass die Krone des Baumes einem grinsenden Totenschädel ähnelte. 

Meine Augen fielen zu.  

Strahlender Sonnenschein weckte mich Stunden später. Ich stand auf, um das Fenster zu öffnen und die vom Gewitter der letzten Nacht gereinigte  Luft hereinzulassen. Ein Nerv in meiner Wange zuckte und ich hielt inne. Der Apfelbaum. Wir hatten ihn letzte Woche ausgerissen, nicht einmal ein Stumpf war mehr zu sehen. Nachdenklich fuhr ich über die fünf tiefen Kratzer, die sich an der Außenseite der Fensterscheibe befanden. 

lex kommentierte am 31. Oktober 2020 um 20:23

Was für ein Apfelbaum war es? Böskop oder Grantiger Smith? :-) Gefällt mir sehr.

KassandrasRufe kommentierte am 01. November 2020 um 12:51

herrlich!!! vllt. auch: Blutapfel, (i-mach-dich-)Futschi, Pray-(not to)burn, Golden Deathious, Black Lady...

KassandrasRufe kommentierte am 01. November 2020 um 12:39

Mein Freund der Baum ist tot – wie konntest Du nur! Die Rache der Natur wird über Dich kommen… (knochenstarke Geschichte!!!!!) ((Wie habt ihr nur die Wurzel rausbekommen?))

Verrate mir: was wurde aus dem Holz?? Särge? Musikinstrumente? Lagern es noch als Scheite zum Kaminfeuern im Hause? na dann, gute Nacht.

wanderer.of.words kommentierte am 13. November 2020 um 10:32

Super, das ist mein Favorit!

Pascal92 kommentierte am 31. Oktober 2020 um 16:27

Habe mich auch mal an einem drei Satz Minihoror probiert :)

„Ich kann nicht mehr schlafen“, flüsterte sie mir leise ins Ohr und stieg zu mir ins Bett. Als ich am nächsten Morgen aufwachte, hielt ich das Kleid in Händen, in dem ich sie begraben worden war.

Susi kommentierte am 31. Oktober 2020 um 18:08

spooky

lex kommentierte am 31. Oktober 2020 um 20:12

In der Kürze liegt die Würze.

Konstanze S. kommentierte am 01. November 2020 um 08:23

Gelungen!
Aber lieber Pascal, erst wenn du's auf mind. 10 Sätze ausdehnst (s.o.) dürfen wir drüber abstimmen ;-)
Vielleicht hast du ja noch Lust drauf :-)

KassandrasRufe kommentierte am 01. November 2020 um 12:23

Zitat "in dem ich sie begraben worden war."

?

in dem DU sie begraben hattest (weil Du sogar selbst ihr Mörder bist?) -

in dem Du sie begraben hattest lassen (zogst es ihr vorher selbst an)

oder, in dem sie begraben worden war?

Wie ist sie denn zu Tode gekommen? komm, MEHR davon!! toller Ansatz, schreib weiter!!!

lex kommentierte am 31. Oktober 2020 um 18:24

Beitrag 8: Die Überraschung

Ich wusste, es war besser den Mund zu halten. Tom umklammerte das Lenkrad so fest, als würde es davonfliegen, sollte er den Griff nur ein klein wenig lockern.

Außer dem gleichmäßigen Schnurren des Wagens, war nichts zu hören. Um uns herum nur undurchdringliches Weiß.

Meine App hatte den Nebel vorhergesagt. Aber Tom wollte dennoch fahren.

Ich räusperte mich. "Vielleicht ist es besser umzukehren", sagte ich vorsichtig. Tom verzog das Gesicht. "Unser Hochzeitstag ist aber heute", beharrte er. "Ich lass mir von dem Mistwetter doch nicht meine Überraschung verderben. Außerdem ist es nicht mehr weit. Nur noch ein paar Minuten. Dann sind wir da." Beruhigend täschelte er meine Hand.

Kurz darauf kam der Wagen abrupt zum Stehen. "Na bitte, geschafft", sagte Tom triumphierend und stellte den Motor ab. Die Anspannung der Fahrt war ihm deutlich anzusehen. Ein Schweißtropfen lief ihm die Schläfe hinab. Suchend blickte er in den Rückspiegel. "Würdest du mir einen Gefallen tun und die Augen schließen?", fragte er. Ich lachte. "Man kann doch weit und breit sowieso nichts sehen", wandt ich ein. Aber ich konnte Tom noch nie etwas abschlagen. Ein Fehler, ich weiß. Von meinem Erbe war nach zwei Jahren mit Tom nicht mehr allzu viel übrig. Doch es war mir egal. Ich liebte ihn.

Ein flüchtiger Kuss, dann klappte die Tür. Neugierig lauschte ich hinaus in die Nacht. Die Augen geschlossen, auf den Lippen ein Lächeln. Als sich der Wagen still in Bewegung setzte, begriff ich immer noch nicht. Dann kippte die Welt.

wandagreen kommentierte am 31. Oktober 2020 um 19:22

Oh, Lex, ich geb dir ein paar Gratisstunden auf der Couch.
 

lex kommentierte am 31. Oktober 2020 um 20:11

Ja bitte. :-) Meine Nerven liegen nach einer Woche im Krankenhaus plus bevorstehender OP etwas blank. Vor allem seitdem diese ältere, verwirrte Dame bei mir im Zimmer liegt. Sie redet ständig von einer Oma im Keller. Wortwörtlich eben: "Die Oma im Keller ist bestimmt vertrocknet." :-/

Cassandra kommentierte am 02. November 2020 um 17:34

Alles Gute für  Deine OP. Als mein Mann im Krankenhaus  war, hatte er einen verwirrten Mitbewohner,  der mich für  eine Krankenschwester  gehalten hat. War durch nichts davon abzubringen. 

Susi kommentierte am 01. November 2020 um 00:35

Die Geschichte mag ich.

Wobei man aus den Worten Deiner Zimmernachbarin sicher auch ne tolle Story machen könnte. Gute Besserung

Konstanze S. kommentierte am 01. November 2020 um 08:25

Fantastisch! Bis jetzt mein Favorit.

KassandrasRufe kommentierte am 01. November 2020 um 13:42

ich hasse Teufel Tom - hoffentlich wird er jetzt grausamst heimgesucht, bis in alle Ewigkeiten!!!

Susi kommentierte am 01. November 2020 um 02:22

Beitrag 9: Die Zwillinge

Für Lex

Jenny und Emma waren Zwillinge wie aus dem Bilderbuch. Goldene Ringellöckchen, süße Stupsnasen und kleine Grübchen am Kinn. So nett und adrett wie sie aussahen, waren sie aber beileibe nicht, sondern sie waren wahre Satansbraten, auch wenn sie dies gut zu verheimlichen wußten. Jenny riß Fliegen und Ameisen gerne die Beinchen aus und Emma bewarf Frösche mit Steinen. Da sie aber immer freundlich und unschuldig taten, wenn Erwachsene in der Nähe waren, galten sie als kleine Engel. Passte ihnen etwas nicht oder bekamen sie ihren Willen nicht, lagen sie nachts wach und schmiedeten flüsternd Rachepläne. Als sie nicht die gewünschten Puppen zu Weihnachten bekamen, schütteten sie Kohle in die Körbe mit frisch gewaschener Wäsche. Als sie am Sonntag zum Nachtisch jeweils nur einen Keks essen durften, zerschnitten sie alle Damast-Servietten in den Schubladen. Verdächtigt wurden dann der Sohn der Köchin oder die Kinder des Stallburschen oder auch ein Landstreicher, der das Pech hatte ausgerechnet dann um Essen zu betteln, als die Mädchen im Stall Feuer legten. Ihr Hauslehrer hatte manchmal den Verdacht, dass sie vielleicht doch nicht ganz so lieb waren, denn er sah, welche kalten, berrechnenden Blicke sie sich zuwarfen, aber wem sollte er seinen Verdacht mitteilen? Die Herrschaften waren oft aus und würden sowieso nicht auf einen Bediensteten hören und es war ja auch nur ein Gefühl. Außerdem vergötterten alle die Mädchen. 

Zu Allerheiligen kam Besuch aus Berlin. Die Großeltern der Mädchen wollten ein paar Wochen bleiben, da der Vater auf Geschäftsreise ins Ausland mußte und seine Frau ihn begleitete. Der Kutscher hatte noch nicht ausgespannt, da waren die Mädchen schon verärgert, weil die Großeltern keine Geschenke mitgebracht hatten. Sie zeigten sich jedoch artig und bescheiden und ließen sich nichts anmerken. Jeden Tag ärgerten sie sich aber etwas mehr. Sie sollten selbst ihre Betten machen, verlangte die Großmutter. Sie mußten fragen, bevor sie sich einen Apfel nahmen, der Großvater wollte, dass sie ihm täglich über den Unterricht und ihre Fortschritte berichteten und sie mußten eine Stunde früher zu Bett, weil die alten Herrschaften auch früher zu Bett gingen als ihre Eltern. Das geht nicht so weiter, beschlossen beide.

Heimlich bauten sie eine Sperre über den Waldweg, den der Großvater jeden Tag entlang ritt. Neben dem Weg ging es relativ steil runter, was sie jedoch mit Ästen von Sträuchern tarnten. Und tatsächlich. Als der Großvater am nächsten Tag dort entlangritt und den Weg versperrt fand, zwang er das Pferd vom Weg runter, sodass dieses scheute, ihn abwarf und er sich ein Bein brach. Da er paar Stunden in der Kälte lag, bevor man ihn fand, holte er sich auch noch eine Lungenentzündung. Der Landarzt gab sein Bestes, verstand aber auch, dass der Großvater lieber in der Charité behandelt werden wollte. Eine Kutschfahrt kam bei der Lungenentzündung und den Temperaturen natürlich nicht in Frage und so fuhr er mit dem Zug in die ferne Hauptstadt. Da die Großmutter die ihr anvertrauten Mädchen nicht allein lassen wollte, blieb sie bei ihnen und telegraphierte den Eltern. Nun waren die Mädchen mit ihrer Oma allein.

Sobald die Köchin ihren freien Abend hatte und auch das Hausmädchen gegangen war, schmeichelten die Kinder sich bei ihrer Großmutter ein und baten darum, noch einen Apfel essen zu dürfen. Die Großmutter, erfreut darüber, wie lieb die Mädchen die ganze Zeit doch waren und mit wieviel Bedauern und Besorgnis sie an dem Unfall des Großvaters Anteil genommen hatten, gab nach. Jenny ging rasch in den Keller und spannte ein Seil in Fußhöhe über die Treppe, während Emma sich hinter der offenen Kellertür versteckte. Sobald Jenny fertig war, begann sie laut zu rufen und zu jammern, sie sei gestürtzt und habe sich den Fuß verletzt. Besorgt stand sie Großmutter auf und ging zum Keller. Dort strauchelte sie über das Seil und fiel die Stufen herab. Jenny flitzte nach oben und Emma schloß schnell die Türe. Aus dem Keller hörte man keinen Laut. Ob die Oma wohl tot ist, fragte Emma. Jenny zuckte die Schultern und meinte nur, dass ihr dies recht geschehen würde. Dann gingen sie in den Stall, spannten das Pferd an, packten das Gepäck der Großmutter in den Wagen und kutschierten in den Wald. Dort fuhren sie soweit es ging ins Dickicht und banden das Pferd an. Dann nahmen sie Äste und schlugen mit aller Kraft auf die Beine des Tieres, sodass sie ihm das Knie brachen und banden es wieder los, bevor sie zum Haus zurückkehrten.

Schon früh am nächsten Morgen standen sie auf, um die Köchin in Empfang zu nehmen. Sie erklärten ihr, dass die Großmutter ein Telegramm erhalten habe, dass es dem Großvater schlechter gehe und sie kommen müsse, sodass sie noch am gleichen Abend abgereist sei. Sie berichteten, so allein im Haus hätten sie viel Angst gehabt und dass sie froh seien, dass die Köchin wieder da sei. Die Köchin hatte viel Verständnis dafür und wunderte sich daher nicht, dass die beiden ihr am Rockzipfel hingen. Die Mädchen duften sich wünschen, was sie essen wollten und sie achteten genau darauf, dass sie nur Dinge aus der Speisekammer verlangten und nichts aus dem Keller. Irgendwann gingen aber die Kohlevorräte zur Neige und so schlichen die beiden Mädchen sich nachts in den Keller, um nach der Großmutter zu schauen. Sie fanden sie aber nicht am Fuße der Treppe. Auch im Kartoffelkeller sahen sie sie nicht. Im Kohlenkeller war sie auch nicht. Die beiden suchten den ganzen Keller ab. Nichts. Sie hatten eigentlich vorgehabt, die Oma in einen unbenutzten Teil des Kellers zu schleifen und dann Kisten und einen Schrank davor zu stellen, aber es gab niemanden zum verstecken im Keller. Es war, als hätte sich die Großmutter in Luft aufgelöst. In der nächsten Nacht suchten sie wieder und die Nacht drauf ebenfalls. Einmal schlichen sie sich auch tagsüber hinunter, um zu suchen, aber irgendwann gaben sie auf. Nach einiger Zeit kamen die Eltern wieder und noch etwas später fand man die leere Kutsche und das verendete Pferd. Eine große Suchaktion begann und sogar die Polizei wurde eingeschaltet. Die Großmutter blieb verschollen. Da der Großvater an seiner Lungenentzündung verstorben war, wurde nie überprüft, ob es je ein Telegramm gegeben hatte. 

Anfangs grübelten die Mädchen noch ängstlich, wohin die Großmutter wohl verschwunden sei und ob sie vielleicht noch lebt, aber dann dachten sie, dass sie sicher schon zu Staub verfallen sei, so wie es der Pfarrer bei der Beerdigung des Großvaters gesagt hatte. Im Laufe der Jahre dachten die Beiden immer weniger daran. Nur manchmal wurden sie von Alpträumen heimgesucht. Noch im hohen Alter, inzwischen selbst Großmütter, hörte man sie im Schlaf manchmal murmeln :"Die Oma im Keller ist bestimmt vertrocknet".

Konstanze S. kommentierte am 01. November 2020 um 08:16

Haha, great! :-D

lex kommentierte am 01. November 2020 um 09:43

Muhahaha... :-) sehr gut. Und ziemlich gruselig. Ob du es glaubst oder nicht, meine Krankenhausomi sagte heute morgen zu sich selbst: "Meine Schwester war schon immer die Feinere von uns beiden."

Susi kommentierte am 01. November 2020 um 13:48

Frag sie doch mal nach ihrem Vornamen !  Emma oder Jenny vielleicht ? Alles Gute für Deine OP und Genesung !

Susi kommentierte am 01. November 2020 um 16:43

Besser Du schenkst ihr Deinen Nachtisch. Man weiß ja nie...

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