Leserunde

Leserunde zu "Die Rache ist mein" (Marie NDiaye)

Die Rache ist mein -

Die Rache ist mein
von Marie Ndiaye

Bewerbungsphase: 11.11. - 25.11.

Beginn der Leserunde: 14.12. (Ende: 03.01.)

Im Rahmen dieser Leserunde stellen wir – mit freundlicher Unterstützung des Suhrkamp Verlags – 20 Freiexemplare von "Die Rache ist mein" (Marie NDiaye) zur Verfügung. Eine Leseprobe findet ihr hier.

Wenn ihr eines der Freiexemplare gewinnt, diskutiert ihr in der Leserunde mit, tauscht euch über eure Leseerfahrungen aus und veröffentlicht am Ende eine Rezension zum Buch.

ÜBER DAS BUCH:

Maître Susane, 42, Anwältin in Bordeaux, erhält in ihrer Kanzlei Besuch von einem gewissen Gilles Principaux. Sie glaubt diesen Mann aus ihrer Jugend zu kennen: Da war eine Begegnung mit einem älteren, beeindruckenden Jungen aus reichem Elternhaus, die ihrem Leben eine ganz neue Richtung gab. Doch an das, was damals konkret geschah, erinnert sie sich kaum. Andeutungen ihres Vaters, der Junge könne ihr zu nahegekommen sein, weist sie empört zurück. Principaux bittet sie, die Verteidigung seiner Frau zu übernehmen, die ein entsetzliches Verbrechen begangen hat: Marlyne Principaux hat ihre drei Kinder getötet. Maître Susane übernimmt den Fall - und stürzt ins Bodenlose. Was ist los mit dieser Mutter? Welche Rolle spielen in all dem Maître Susanes maurizische Hausangestellte und deren Kinder? Wer ist dieser Gilles Principaux wirklich? Und ist sie selbst überhaupt diejenige, die sie zu sein glaubt?

Eine Anwältin wird beauftragt, eine Mutter zu verteidigen, die ihre drei Kinder ermordet hat. Aber verbindet sie nicht mit dem Vater der Kinder eine folgenreiche Begegnung viele Jahre zuvor? Was ist hier Wahrheit, was Lüge? Und ist es möglich, ohne Gewissheit zu leben? Marie NDiayes aufwühlender Roman über eine Frau in einer Extremsituation ist in Frankreich das literarische Ereignis des Jahres: ein raffiniertes, abgründiges Spiel mit uns und unseren Erwartungen und Ängsten.

»Durch viele kleine und große Roman-noir-Stellschrauben wird wohlige Lesefolter verbreitet, die die Lektüre zum Genuss macht ... Der makellose klassische Stil, mit dem [NDiaye] ins Herz der unausweichlichen Dunkelheit vordringt, macht ihre Figuren groß und tragisch.«
Iris Radisch, DIE ZEIT

»Die großartige Marie NDiaye hat das literarische Ereignis des Jahres geschrieben!«
Les Inrockuptibles

»[Ein] geheimnisvoller und schön labyrinthischer Psychoroman ... Marie NDiaye versteht es meisterhaft, Erwartungen ins Leere laufen zu lassen.«
Franziska Wolffheim, Der Tagesspiegel

ÜBER DIE AUTORIN:

Marie NDiaye, 1967 in Pithiviers bei Orléans geboren, veröffentlichte mit 17 Jahren ihren ersten Roman; weitere Romane und Theaterstücke folgten. Für ihre Bücher erhielt sie zahlreiche Preise, u. a. den Prix Goncourt für Drei starke Frauen. NDiaye lebt in Paris.

Prix Marguerite-Yourcenar 2020 für das Lebenswerk 2020 (Nominierung)
The Man Booker International Prize 2016 (Longlist)
Nelly-Sachs-Preis 2015
 

03.01.2022

Thema: Lektüre, Teil lll; Seite 175 bis Ende

Thema: Lektüre, Teil lll; Seite 175 bis Ende
alasca kommentierte am 16. Dezember 2021 um 02:12

Was für ein Ritt! 

Alle Gewissheiten haben sich aufgelöst. Der Text wird nun endgültig zu einem Flackern und Flirren, es kann einem schwindlig werden. Nicht einmal die f***ing  Heiratsurkunde kann am Ende beigebracht werden; nachdem Me Susane sie heldenhaft der Familie Sharons entrissen hat, wird sie ihr noch vor dem Rückflug gestohlen. 

Was hat es mit der Verletzung von Me Susane auf sich? Das scheint mir der Schlüssel zu sein. Wieso kann offenbar niemand diese Stirnwunde sehen? Denn alle reagieren so, als gäbe es sie gar nicht. Und am Ende erfährt Me Susane eine Spontanheilung und alles ist Friede, Freude, Family. Die einzige, die Me Susane Mitgefühl bekundet, die ihre Verwundung sehen kann, ist Marlyne. Was mich zu der Vermutung führt, dass es sich um keine körperliche, sondern eine psychische Wunde handelt, die auf Mauritius geheilt ist. Was hat der Aufenthalt auf Mauritius, das zur Heilung führen kann? Und was haben Marlyne und Me Susane gemeinsam? Das ist hier doch offenbar die Frage!

Dann die Frage nach der Rache: die muss man ganz anders stellen. Nicht: wer rächt sich wofür und an wem, sondern: Wer rächt wen? Rächt Me Susane mit ihrem Plädoyer, das am Ende des Romans steht, Marlyne? Ja! Indem sie M. Principeaux als das entlarvt, was er ist: Ein sadistischer Patriarch, der seine Kinder, die ihm völlig gleichgültig sind, die ihn eigentlich nur stören, benutzt, um seine Frau zu versklaven, die sich am Ende nur befreien kann, indem sie diese Kinder tötet. Eine moderne Medusa. Was auch den Respekt erklären würde, den P. seiner Frau für diese Tat zollt, weil er sie nämlich als das erkennt, was sie ist: Ein Akt der Befreiung. 

Nun sind das alles Intepretationen; NDiaye tut uns nicht den Gefallen, eine eindeutige Auflösung zu liefern. Das finde ich schon ein bisschen hart. Stattdessen führt sie uns den französischen Klassismus vor und verknüpft diesen mit Frankreichs Kolonialgeschichte. Im Grunde kreist alles in diesem Roman um die Frage des Status, für den es eine Unzahl subtiler Indikatoren gibt. Ich vermute, was Sharon an Bösem an Me Susane wittert, ist der Geruch der Bourgeoisie. Das kann Me Susane natürlich nicht verstehen, weil sie sich selbst, trotz aller Aufstiegsmühen, als kleines Licht am unteren Ende der französischen Klassengesellschaft wahrnimmt, vor allem im Kontakt mit der Famille Principeaux. Dieses ständige Oszillieren zwischen den Klassen verhindert, das Me Susane sich als kohärente Person empfindet – je nachdem, mit wem sie spricht, ist sie ein anderer Mensch, sie sitzt zwischen allen Stühlen und wird schließlich sogar von ihren Eltern verstoßen.

Was ist nun Verstörendes passiert im Zimmer des jungen Gilles? Gilles erinnert sich nicht; wie auch, für ihn war es völlig bedeutungslos, er war ja schon "oben". Aber für Me Susane, der es gelingt, zu glänzen, Gilles mit ihrem Intellekt zu beeindrucken, waren diese paar Stunden lebensverändernd. Was das abgeschnittene Haar beweist. Meine Interpretation der Haarstory: Das kleine Mädchen gibt es auf, ihren Status durch ihre Weiblichkeit verbessern zu wollen (das, was Marlyne getan hat - und wohin hat es sie gebracht?). Stattdessen beschließt sie, es mit ihrem Grips zu versuchen, sie bildet sich, das verändert sie und das schafft Distanz zu ihrer Herkunftsfamilie, was ihr Vater ihr übelnimmt. Kein Wunder, dass er es als Vergewaltigung empfindet - er selbst fühlt sich gef***t!  Dieser Double Bind - ja, Tochter, du sollst es schaffen, ja, Tochter, werde Anwältin, aber entspreche bitte gleichzeitig allen Weiblichkeitsidealen! Reaktion: Ritsch ratsch, Haare ab. Da guckst du, Papa. Wie verkrüppelnd hat die Enttäuschung der Eltern und die Vergewaltigungsvermutung auf die Tochter gewirkt! Eine Wunde bis in die Gegenwart. Die auf Mauritius heilt. Mitsamt ihrer Vierschrötigkeit, ihrer "Männlichkeit", hat sie Ballast abgeworfen, als sie nach Hause kommt. Alle, alle lieben sie. Warum? Weil sie sich für eine Seite entschieden hat? Die der Kolonisierten?

Nochmal zum Kolonialismus im Roman: Dieser Klient, der partout seinen Namen loswerden will, weil er ihn mit Sklavenhandel in Verbindung bringt. Im Grunde geht es hier auch um eine Art von bourgeoisem Status; er will nicht, dass man irgendwann auf sein Grab spuckt, er will auch nach seinem Tod angesehen bleiben. Bei den Großbürgern von Bordeaux, das einmal eine Metropole des Sklavenhandels war, muss man davon ausgehen, dass das gesamte "alte Geld" der Stadt, also auch das der Principeaux´, direkt oder indirekt durch den Sklavenhandel oder den Kolonialismus erworben wurde und somit unmoralisch ist. Interessant, dass der Vertreterin der ehemals Versklavten bzw. Kolonisierten mitsamt ihren Kindern eine Art Adel des Blutes zugeschrieben wird; oft bezeichnet Me Susane Sharon und die Kinder als edel, anmutig und schön. Nur mit dem Mann von Sharon ist sie ungnädig; er ist in ihren Augen der Ausbeuter seiner Frau. Der Mann als Kolonialherr der Frau? Bei den Principeaux ist das so. Und nicht nur da, und nicht nur in Frankreich.

Boah, je mehr ich drüber nachdenke, desto genialer finde ich den Roman. Da bin ich mit dem zerfaserten Ende schon fast versöhnt. 

Und jetzt Rezi. Das wird ein mittlerer Akt! Aber erstmal bleibe ich noch dabei, will ja wissen, was meine Mitleser:innen meinen!

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alasca kommentierte am 18. Dezember 2021 um 18:02

"Eine moderne Medusa."

Korrektur: Ich meinte natürlich Medea!

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ysmn kommentierte am 19. Dezember 2021 um 21:08

Danke, dass du uns so ausführlich an deinen Eindrücken teilhaben lässt! Da stecken ganz viele interessante Gedanken in deinem Kommentar drin, über die ich erstmal nachdenken muss. 

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Naibenak kommentierte am 22. Dezember 2021 um 08:21

Wow, Alasca! Was bin ich froh, dass du hier mitgelesen hast ;-) Du hast ja unheimlich viele tolle Interpretationsansätze, bei denen ich innerlich ständig genickt habe, während des Durchlesens ;-) Ich stimme dir total zu!!! Von selbst wäre ich aber bestimmt nicht auf das alles gekommen. Deshalb DANKE :-)

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Deidree C. kommentierte am 27. Dezember 2021 um 18:09

Danke für dein ausführliche Zusammenfassung. Da kann ich mir auch noch einiges rauslesen.

Sehr gut gefällt mir deine Überlegungen zum Kolonialismus und deine Anspielung auf die Kolonialherren. Hätte ich so nicht gesehen, aber ich finde es - jetzt da ich es bei dir lese - wirklich auch passend.

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Bookflower173 kommentierte am 03. Januar 2022 um 16:26

Wow, ich finde deine Interpretationen auch toll! Wenn ich das Buch nicht in einer Leserunde gelesenhätte, wäre ich jetzt noch viel ratloser zurückgeblieben. Trotzdem kann ich das Buch so nicht wärmstens empfehlen, weil es für mich zu verwirrend und nebelig war.

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TochterAlice kommentierte am 18. Dezember 2021 um 18:29

Die Wunde: offenbar sieht sie niemand. Das ist sicher eine psychische Verletzung. Der gesamte Roman ändert in diesem dritten Teil seine Taktung und seine Taktik - da bisher alles mit Me Susane bzw. mit ihrer Sicht der Dinge stand und fiel, gehe ich davon aus, dass das weiterhin der Fall ist, dass sie nur das gesamte Geschehen anders wahrnimmt, inklusive der ihr widerfahrenen Verletzungen und weiteren Einschränkungen.

Was es mit der Positionierung der Eltern auf sich hat - vielleicht haben sie das wirklich gesagt, möglicherweise jedoch interpretiert Me Susane selbst deren Aussage so. Sie scheint ja bereits vorher das Verhalten ihrer Mitmenschen sehr klar gedeutet zu haben, das tut sie wohl weiterhin, wenn auch aus einer veränderten Perspektive.

Der Fall Principaux verblasst noch mehr. Falls eine Deutung hier überhaupt möglich ist, glaube ich, dass Mme den Mord begangen hat, um die Kinder und sich von ihrem Mann zu lösen, wegzubekommen. Auch wenn das der denkbar radikalste Schritt ist, den man machen kann.

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ysmn kommentierte am 19. Dezember 2021 um 21:10

dass Mme den Mord begangen hat, um die Kinder und sich von ihrem Mann zu lösen, wegzubekommen.

Denke ich auch. Man hat das auch schon im zweiten Leseabschnitt (und in ihrem Monolog) erahnen können. Natürlich ist es radikal innerhalb der Geschichte, aber ich glaube, dass dieser Mord vor allem einen stark symbolischen Charakter hat, wie so vieles in diesem Roman. 

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TochterAlice kommentierte am 19. Dezember 2021 um 22:32

Das trifft es genau - auch wenn es eigentlich absurd klingt, trifft es in Schwarze: ein Mord Symbolcharakter!

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alasca kommentierte am 19. Dezember 2021 um 23:12

Kluger Gedanke. Um ihn weiterzuspinnen: Was wird ermordet? Eine tradierte Rolle (Mutter, Nur-Hausfrau), die die Frauen gefangen hält? Dann wäre der Text ein bloßer Ideenroman. Dazu sind mir die Figuren zu lebendig, obwohl: muss kein Widerspruch sein. 

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ysmn kommentierte am 26. Dezember 2021 um 15:06

Ich denke auch nicht, dass das ein Widerspruch sein muss. Und man könnte wahrscheinlich schon behauptet, dass gewisse Rollen "ermordet" werden. Oder vielleicht besser: Zwänge, Einschränkungen und Begrenzungen, die durch diese Rollen, gesellschaftlichen Erwartungen und Beziehungen zu anderen entstehen. 

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bookslove1511 kommentierte am 21. Dezember 2021 um 20:25

" ich glaube, dass dieser Mord vor allem einen stark symbolischen Charakter hat, wie so vieles in diesem Roman."

Dieser Satz beschreibt den ganzen Roman :)

 

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Deidree C. kommentierte am 27. Dezember 2021 um 18:14

Ein überaus radikaler Schritt um sich zu befreien, aber im Zuge dieses ungewöhnlichen Romans sogar das denkbar.
 

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ysmn kommentierte am 19. Dezember 2021 um 21:24

So vieles bleibt offen, wenn man diesen Roman zuklappt. So viele Gedanken schwirren einem im Kopf herum und mindestens genauso viele Interpretationen. NDiaye hat sicherlich einen außergewöhnlichen Roman geschrieben, der es dem Leser nicht leicht macht und ihn herausfordert. Die Geschichte ist symbolisch aufgeladen und ihre Bedeutungen verstecken sich oft hinter Bildern, einzelnen Szenen oder sogar Sätzen.

Allerdings muss ich sagen, dass mir diese Bedeutungsdichte, dieses über Ecken-Erzählen und die Tatsache, dass der Leser absichtlich im Dunkeln gelassen wird, oftmals ein bisschen aufgesetzt wirkte. Das ist vielleicht Geschmacksache, aber die Geschichte kam für mich nicht immer natürlich rüber, sondern eher angestrengt. 

Thematisch hat sie natürlich einiges zu bieten und was man aus den nur etwas mehr als 200 Seiten alles herausholen kann, ist beeindruckend. Ich finde auch die Gegenüberstellung der beiden Frauen, ihre Lebensentwürfen, ihre persönlichen Kämpfe, das Motiv des Mordes an den Kindern, die Figur des Gilles Principaux und auch die Verwischung von Realität und Vorstellung alle spannend und erzählenswert. Deshalb war es auf keinen Fall ein schlechter Roman. Aber es war für mich leider auch kein überragender Roman.

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TochterAlice kommentierte am 19. Dezember 2021 um 22:36

Ich sehe es auch so: vieles war doch sehr konstruiert, für mich zu sehr. Auch wenn es sprachlich sehr oft sehr stark war (wenn auch längst nicht immer aus meiner Sicht), wirkte der Handlungsaufbau gelegentlich und gerade zum Ende hin wie gestelzt, es war zu viel des Guten. Auf der anderen Seite wiederum blieb unglaublich vieles offen, was hätte aufgelöst werden müssen, um den Roman rund zu machen, für mich zumindest.

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nikolausi kommentierte am 20. Dezember 2021 um 11:12

Ja, die offenen Fragen hätte ich auch gerne beantwortet bekommen.

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alasca kommentierte am 21. Dezember 2021 um 20:19

Das macht Ndiaye nicht, in ihrem vorigen Roman auch nicht. Da ist sie auch nicht die einzige. Passiert bei Literatur recht häufig, dass die üblichen Erzählnormen (Anfang, Mitte, Ende) nicht eingehalten werden. Aber ich finde das nicht schlimm. Heißt doch immer, es gibt zwei Bücher: Das, das die Autorin schreibt, und das, das die Leserin liest. Da bist du frei in deiner Interpretation. Also ich bin mit "meinem" Roman ganz happy! ;-)

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ysmn kommentierte am 26. Dezember 2021 um 15:12

Den Bruch mit Erzählnormen finde ich häufig auch sehr spannend. Und du hast absolut Recht. Sobald ein Roman seinen Autor verlässt und in die Hände von Lesern gelangt, "gehört" die Geschichte den Lesern. Ein Roman, oder auch Kunstwerke, gehen im Grunde immer über die Interpretation des Autors hinaus. 

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Deidree C. kommentierte am 27. Dezember 2021 um 18:17

Für mich gab es zu viele Möglichkeiten die gewesen sein könnten, ohne einen kleinen Hinweis was ausgeschlossen werden könnte. Und, wie du schreibst, die Dichte der Bedeutungen war schon sehr gedrängt.

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medsidestories kommentierte am 01. Januar 2022 um 13:46

Stimmt! Im Nachhinein kommt es mir auch so vor, als hätte das Buch viel mehr als nur 200 Seiten gehabt. Es wäre mir trotzdem lieber gewesen, wenn die Autorin weniger Themen angesprochen und dafür mehr von ihnen zu Ende gebracht hätte. Obwohl ich natürlich weiß, dass das gar nicht ihre Absicht mit diesem Buch gewesen sein kann. 

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anna1965 kommentierte am 20. Dezember 2021 um 13:38

Das Ende hat mich dann doch ein wenig ratlos zurückgelassen. War Me Susane jetzt wirklich auf Mauritius oder hat sich das nur, wie so vieles andere auch, in ihrem Geist abgespielt. Im Nachhinein gesehen, denke ich, das die Geschichte rein symbolisch zu verstehen ist und sich so gar nicht real zugetragen hat. Auf alle Fälle fand ich es teilweise schwierig zu lesen und über meine Rezi muss ich jetzt erst einmal in Ruhe nachdenken.

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Hornita kommentierte am 30. Dezember 2021 um 13:32

Ja, ratlos ist das richtige Wort, so ging es mir auch. Ein bisschen frustriert bin ich, weil es kein eindeutiges, klares Ende gibt und so vieles offen und interpretierbar ist.

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Bookflower173 kommentierte am 03. Januar 2022 um 17:27

Ich bin leider auch ziemlich ratlos und weiß auch nicht genau, was mir der Roman sagen wollte.

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bookslove1511 kommentierte am 21. Dezember 2021 um 20:15

Es war sehr schwierig zum Lesen, geschweige denn zu Verstehen. Für mich war es drei völlig verschiedene Geschichten, die irgendwie zusammen gewürfelt sind. In den ersten Erzählstrang lesen wir über Me Susanne, die etwas in ihre Kindheit erlebt hat, aber was, erfahren wir nicht. In den zweiten erfahren wir über ein Familiendrama, die Beweggründe, die Leser selbst mit ach und krach zwischen den Zeilen lesen muss. In dem dritten greift die Autorin die Thematik „Flüchtling“ meine Meinung nach, die sie nicht Grundtief thematisiert hat.

Ich gehe davon aus, dass die Protagonistin eine psychische dunkle Phase gehabt, in dem sie alles und jeden gehasst und ihr irgendwelche Narben und Krankheiten eingebildet hat. Psychologisch gesehen, wo ich die ganzen Sätze gründlich und mehrfach lesen und hinter jedes Wort Zweideutigkeit suchen musste, war das Buch grandios. Allerdings für mich war es auch sehr konstruiert und nicht rund genug. Besonders der „Friede, Freude, Eierkuchen" Ende hat mich nicht überzeugt.

 

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Naibenak kommentierte am 22. Dezember 2021 um 10:08

"Besonders der „Friede, Freude, Eierkuchen" Ende hat mich nicht überzeugt."

Das Ende ist schräg im ersten Moment, absolut. Ich muss wirklich richtig nachdenken, um alles irgendwie geordnet zu bekommen. Ich denke, dass alasca da einen sehr guten Interpretationsansatz gefunden hat mit dem Zerrissensein von Me Susane aufgrund der noch immer ausgeprägten Klassengesellschaft in Frankreich - sie weiß nicht, wo sie hingehört, sitzt zwischen diversen Stühlen, fühlt sich abgelehnt, wo sie auch hinkommt... (mit Marlyne hat sie die einzige gefunden, der es ganz genauso geht. Deshalb wohl eine gewisse Verbundenheit, das "Sehen" der Wunde, etc...). Schließlich ist sie mehr oder weniger einem Burnout ähnlich zusammengebrochen.

Auf Mauritius gab es zum einen Erholung und Abstand, zum anderen diesen "Befreiungsschlag" (den ich als solchen interpretiere), der sogar symbolisch für sehr viel mehr als nur die "Befreiung von Gilles" bedeuten kann. Auch die Befreiung von diesen ungesagten, aber dennoch existierenden Dogmen ihr gegenüber durch die Eltern und die Gesellschaft etc, die sie schließlich erschöpft vor lauter (nicht nur Selbst-)Zweifeln zusammenbrechen ließen. Da Me Susane auf Mauritius mental beim Kämpfen mit dem Dieb all ihre Kräfte gebündelt und auf Gilles konzentriert hat, kann es psychologisch gesehen durchaus diesen Effekt gehabt haben, dass es eine echte "Befreiung" im Geiste bewirkt hat. Ich weiß es nicht sicher, aber vorstellbar ist es für mich.

Das "Happy End" ist deshalb eines, weil Me Susane nun viel mehr bei sich selbst ist und ein Miteinander ganz ohne Mistrauen für sie wieder funktionieren kann. Ich weiß nicht, ob Mauritius dafür tatsächlich "reicht" - oder ob das hier vielleicht ein bisschen zu schnell zusammenkonstruiert ist. Oder ob ich noch etwas übersehen habe - was bei diesem Buch sowas von wahrscheinlich ist - hahaha ;-)))

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Deidree C. kommentierte am 27. Dezember 2021 um 18:20

Das Ende habe ich jetzt auch nicht positiv empfunden. Allerdings fand ich interessant, dass für die Autorin alles in eitler Wonne endet und doch so wahnsinnig viele Fragen offen bleiben.

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Naibenak kommentierte am 22. Dezember 2021 um 08:44

Huii... na das ist mal ein Roman! Ich bin echt froh ihn in einer Leserunde lesen zu dürfen, weil hier ein wichtiger Austausch stattfindet. Ich glaube, ohne den Austausch würde ich nun am Ende etwas ratlos(er) dastehen ;-) Es war schon recht verwirrend im letzten Abschnitt. Vieles wurde hier schon gesagt.

Bezüglich des Ereignisses in der Kindheit: da denke ich wie alasca. Im letzten Abschnitt erinnerte sich Me Susane, dass Gilles (falls er es damals wirklich war, aber ich denke schon) sie aus seinem Zimmer herauskomplementiert hat, weil sie wohl nicht aufhören konnte zu plappern ;-) Anfangs hatte er noch ihre Haare gestreichelt (1. Leseabschnitt), dann hat er sie rausgejagt. Vielleicht war genau das der Grund für das "Haare ab". Schon damals hat Me Susane offenbar gemerkt, dass sie mehr sein will als nur ein stummes Prinzesschen und hat protestiert auf ihre Art.

Auf Mauritius gab es für Me Susane meiner Meinung nach einen Befreiungsschlag. Als sie überfallen wurde, hatte sie Gilles Principaux auf diese Person projiziert und so wild um sich geschlagen, dass die Person verschwand. Im übertragenen Sinn hat sie sich nun von Gilles (in ihrem Kopf) befreit. Ihr gesamtes Auftreten, zurück in der Heimat, hatte es sofort gezeigt. Sie war nicht mehr die total verunsicherte Me Susane, die sie noch kurz zuvor war. Auch ihr Plädoyer zum Schluss war äußerst selbstsicher, klar und deutlich... Me Susane hat sich vor Gericht gerächt in doppelter Hinsicht: zum einen für Marlyne und zum anderen für sich selbst, als Fortführung ihrer eigenen Befreiung von Principaux, der unter Umständen aber nur als "Symbolfigur" zu verstehen ist (wobei ich durchaus glaube, dass Me Susane ihn von früher kennt - das erste Aufeinandertreffen in ihrer Kanzei hatt sie doch ziemlich aufgebracht und das kann durchaus bedeuten, dass etwas in der Vergangenheit mit ihm in Zusammenhang steht)...

Ich schreibe hier und schreibe... lach ;-) Erstmal Pause, mir fällt bestimmt noch ganz viel ein.

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Deidree C. kommentierte am 27. Dezember 2021 um 18:23

Ich stimme dir völlig zu, auch mir hat es sehr geholfen, eure Ansichten über den Text zu lesen. Die verschiedenen Sichtweisen sind spannend und erklären manches, das mir so nicht in den Sinn gekommen wäre.

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Naibenak kommentierte am 22. Dezember 2021 um 11:36

Weia... gerade ist mir etwas eingefallen: hat nicht Gilles Principeaux am Ende, als er Me Susane vor der Kanzlei begegnet, bemerkt, dass sie nicht mehr humpelt? Er hatte es also bemerkt. Vielleicht nicht die Stirnwunde... aber das Humpeln. Was ja sonst auch niemandem auffiel. Was hat das nun wieder zu bedeuten? Oder ist es hier nicht so bedeutungsschwanger...? ;-)

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alasca kommentierte am 23. Dezember 2021 um 00:15

Es hat bestimmt was zu bedeuten. :-) Ich versuch´s mal. Es ist doch so, dass manchen Menschen gar nicht auffällt, wenn es jemandem schlecht geht, wenn sie denjenigen nur so kennen. Es fällt ihnen aber sehr wohl auf, wenn der-/diejenige plötzlich strahlt, lebhafter ist etc. ... heißt, der Unterschied fällt auf, der vorherige Zustand nicht. 

Oder so;-)

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Naibenak kommentierte am 23. Dezember 2021 um 14:25

Joa... da ist was dran. Mit dieser Erklärung kann ich mich anfreunden ;-) Danke dir!

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Deidree C. kommentierte am 27. Dezember 2021 um 18:05

Ok fertig – so und was fange ich jetzt damit an? So war mein erster Gedanke nach der letzten Zeile.
In diesem Buch ist eigentlich nichts fix. Vermutungen, Gedanken, Überlegungen, Möglichkeiten, Eventualitäten – aber keine Fakten, keine Anhaltspunkte wo Realität anfängt und wo sie aufhört.

Gut, dass ich nach jedem Abschnitt eure Meinungen und Ansichten dazu lesen kann. Es erhellt mir diese leicht irre Geschichte schon etwas. ;-)

Allerdings bleiben mir sehr viele Fragen zum Schluss immer noch offen. Ich hatte es irgendwie befürchtet, dass es zu einem offenen Ende kommen wird, hoffte aber doch, wenigstens ein paar Fäden noch knüpfen zu können.

Jetzt lese ich mich mal durch eure Kommentare und werde dann – irgendwann mal – die Rezi verfassen.

Thema: Lektüre, Teil lll; Seite 175 bis Ende
Bookflower173 kommentierte am 03. Januar 2022 um 17:37

"Ok fertig – so und was fange ich jetzt damit an? So war mein erster Gedanke nach der letzten Zeile.
In diesem Buch ist eigentlich nichts fix. Vermutungen, Gedanken, Überlegungen, Möglichkeiten, Eventualitäten – aber keine Fakten, keine Anhaltspunkte wo Realität anfängt und wo sie aufhört."

Da kann ich dir nur recht geben! Ich weiß auch nicht, was ich mit der Geschichte anfangen soll und könnte sie nicht einmal richtig zusammenfassen.

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Salome kommentierte am 27. Dezember 2021 um 20:26

Keine Ahnung was ich jetzt halten soll von diesem Ende. Mir bleiben zu viele Fragen offen und ich habe eigentlich irgendwie auf eine andere Auflösung gehofft bei der Geschichte von marylene und gilles. Kann mir trotzdem nicht vorstellen dass jemand sowas machen würde als letzten Ausweg...
Das mit der Heiratsurkunde und dann den Überfall und auch den Zusammenhang mit dem Bruder und der Schwägerin fand ich komisch und das ganze hat sich trotzdem für mich nicht zur Gänze geklärt.
Mir geht es auch so dass manche Erläuterungen von euch nachvollziehbar sind aber da muss man auch weitschweifend und phantasievoll denken.
Den Schluß fand ich zu kurz und insgesamt gesehen war der mittlere Teil am interessantesten.

Thema: Lektüre, Teil lll; Seite 175 bis Ende
Hennie kommentierte am 28. Dezember 2021 um 20:35

Ich bin sehr froh, dass ich diese irreale Lektüre in einer so wunderbaren Leserunde diskutieren konnte. Auf mich gestellt wären mir viele Nuancen entgangen. Dank eurer vielseitigen Herangehens- und Sichtweise habe ich mich eingehender mit dem Text beschäftigt. Restlos überzeugte mich das Buch trotzdem nicht. Allein damit, hätte ich es wahrscheinlich zu Ende gelesen und ohne weitere Beachtung zur Seite gelegt. Vielleicht hätte ich es auch abgebrochen. Wer weiß?

Zum Ende hin gingen meiner Meinung nach die Handlungsfäden verloren. Nichts wurde im Schlußteil (3. Leseabschnitt) für mich zufriedenstellend aufgelöst. Es gab viele Rätsel, deren Geheimnisse nie gelüftet werden, im Dunkel verbleiben. Wie schon jemand hier vermerkte. „Friede, Freude, Eierkuchen“. So geht es aus!

Allein schon die Hauptperson Me Susane ist mehrdeutig angelegt. Wir können zwar ihre Empfindungen, ihre Gedanken nachvollziehen, aber das meiste bleibt ein Mysterium. Was war nun mit Gilles in ihrer Kindheit? Kannte sie ihn oder nicht? War er eine reine Vorstellung von ihr? Was ist wahr, was ist die Realität?

Mit Marlyne als Mandantin erhält Me Susane durch den Ehemann eine gewaltige Aufgabe zugesprochen. Aber die Ermordung der drei Kinder bleibt bis zuletzt eine grausame Tat, die nur die Funktion einer Nebenhandlung innehat. „Die Rache ist mein", so der Titel des Romans. War es Marlyne, auf die er sich bezieht? Ihre Rache an dem Ehemann? An wen rächt sich Me Susane?

Ich glaube, ich habe das alles nicht richtig verstanden.

Nun bleibt mir noch die schwierige Aufgabe eine Rezension zu verfassen und eine halbwegs objektive Sternebewertung zu geben.

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medsidestories kommentierte am 01. Januar 2022 um 13:43

Ich finde deinen Kommentar sehr treffend und ich glaube, du hast die Schlusssituation des Buchs sehr gut zusammengefasst!
Ich fand es auch spannend, die Eindrücke der anderen Teilnehmer dieser Leserunde zu lesen und habe dadurch defintiv Dinge in dem Buch sehen können, die ich allein so nicht gelesen hätte!

Thema: Lektüre, Teil lll; Seite 175 bis Ende
Bookflower173 kommentierte am 03. Januar 2022 um 17:36

Ich habe auch das Gefühl, nicht alles richtig verstanden zu haben. Was will mir der Roman sagen? Wahrscheinlich sind mir einige Dinge entgangen, die für das Verständnis des Romans wichtig gewesen wären.

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frenx kommentierte am 28. Dezember 2021 um 21:52

Der Vorhang ist zu, und alle Fragen sind offen (geblieben). 

Dass das Buch mit einem Auszug aus dem Plädoyer endet, hat mich doch gewundert. 

Für mich bleibt offen, was das Buch sein will - so es überhaupt etwas sein will. 

Ich kann es lesen als ein Buch zur Frage nach der Konstruktion von Wirklichkeit, zugleich als Plädoyer dafür, dass nicht alles erklärt werden kann im Leben. Ebenso aber auch als Justiz-Roman: wie wird Recht gesprochen, wie wird verteidigt? 

Für mich bleibt im Roman viel zu viel offen, viel zu viel im Ungefähren, als dass ich vom Lesen einen Gewinn hätte. Alles verschwimmt einfach mehr und mehr. 

 

 

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Hennie kommentierte am 29. Dezember 2021 um 12:19

"Alles verschwimmt einfach mehr und mehr."

Dieser Eindruck verstärkte sich bei mir auch von Leseabschnitt zu Leseabschnitt.

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medsidestories kommentierte am 01. Januar 2022 um 13:41

"Für mich bleibt offen, was das Buch sein will - so es überhaupt etwas sein will."

Für mich auch. Prinzipiell finde ich dieses Infragestellen der Realität in Büchern ja sehr spannend, nur hier ist einfach zu viel in Frage gestellt worden. Die Art und Weise wie es gemacht wurde, war für mich zu verwirrend, als dass ich daraus irgendeinen Gewinn oder auch nur eine Erkenntnis gezogen hätte. 

Thema: Lektüre, Teil lll; Seite 175 bis Ende
Maria_21 kommentierte am 31. Dezember 2021 um 17:59

Eine sehr schwierig zu lesende Geschichte, die doch zum Schluss viele Fragen offen lässt. Gerne hätte ich mir ein überzeugendes Ende gewünscht, mit dem ich persönlich hätte zufrieden sein können.

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medsidestories kommentierte am 01. Januar 2022 um 13:39

Für mich war dieses Buch wirklich eine Herausforderung. Und das meine ich leider nicht im positiven SInne. Ich fand es sehr schwer und zäh zu lesen. Zwischen all den Ebenen aus Relatität, Vermutungen und Einbildungen habe ich oft den Überblick verloren. Ein bisschen glaube ich, dass das auch die Absicht der Autorin gewesen ist, aber ich fand es beim Lesen schon sehr bald kaum noch faszinieren, sondern vielmehr schwer ertärglich. 
Vom Ende habe ich mir bis zur letzten Seite mehr erhofft. So viele Fragen sind offen geblieben, verschiedene Wendungen sind nicht erklärt worden. Ich weiß immer noch nicht, was wirklich zwischen Me Susane und Gilles Principaux vorgefallen ist. Geschweige denn weiß ich, worauf sich der Titel "Die Rache ist mein" bezieht. Denn eigentlich ist für mich keine Rache von Seiten Me Susanes erkennbar.
Ich fand die Idee für den Roman ursprünglich genial, aber muss nun leider sagen, dass ich mit der Umsetzung wenig anfangen kann. Viel zu viele lose Enden, Themen, die nicht oder kaum richtig abgehandelt worden sind. Ein bisschen erinnert mich das Buch an einen Wirbelsturm, der durch ein geordnetes Zimmer fegt, alle Bücher und Dekoartikel aus den Regalen wirft, die Möbel umstößt und generell ein heilloses Durcheinander hinterlässt. Es war wirklich ein ziemliches Durcheinander.

 

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frenx kommentierte am 01. Januar 2022 um 13:51

Das Bild des Wirbelsturms passt ziemlich gut, finde ich - ich musste lauthals lachen, als ich deinen Beitrag las :-). 

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Hennie kommentierte am 01. Januar 2022 um 23:32

Auch ich finde dieses Bild passend. Überhaupt gefällt mir die Einschätzung der ganzen Geschichte gut.

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medsidestories kommentierte am 04. Januar 2022 um 21:54

Schön, dass ich eich erheitern konnte! Darüber freue ich mich! Dann hat die Verwirrung ja doch noch etwas Gutes gehabt.:D

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Bookflower173 kommentierte am 03. Januar 2022 um 17:34

Mir geht es genauso wie dir. Ich habe das Gefühl, den Roman nicht wirklich verstanden zu haben. Und dass ist wirklich schade, da es echt eine Herausforderung war, durch diesen Roman zu kommen.

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alasca kommentierte am 21. Januar 2022 um 12:04

Schönes Bild mit dem Wirbelsturm. Da herrscht erstmal Chaos im Hirnkästle. Das muss ein Buch erstmal bringen! :-)

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Bookflower173 kommentierte am 03. Januar 2022 um 17:30

Vom Ende bin ich leider enttäuscht, da ich jetzt ziemlich ratlos bin und nicht genau weiß, was der Roman mir sagen wollte.

Es werden so viele Themen behandelt ohne wirkliche Ordnung. Für mich hat es sich nicht wie ein zusammenhängebnder Roman gelesen, sondern es wirkte ziemlich zerstückelt. Eigentlich finde ich es toll, wenn Romane herausfordernd sind, aber hier hatte ich am Ende zu viele Fragezeichen im Kopf, als dass ich viele Interpretationen anstellen konnte.

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Nil kommentierte am 19. Januar 2022 um 13:25

Was für ein Roman, wirklich ein krasser Ritt durch das Leben von Maitre Susane! Ich fand es ein gelungenes Buch. Nun noch Gedanken sammeln und Rezension schreiben.

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Bücherhexle kommentierte am 21. Januar 2022 um 11:42

Ich weiß nicht, ob noch irgendjemand meinen Kommentar liest, aber ich möchte dennoch noch einen Gedanken hinzufügen. Ich bin durch @Naibenak auf den Roman überhaupt aufmerksam geworden, weil sie so begeistert davon berichtete. Nun habe ich ihn in Windeseile gelesen (was bei seiner Komplexität kein Nachteil ist;)).

Zunächst war ich vom Friede Freude Eierkuchen auch sehr verstört. Was soll das jetzt?!

Könnte es nicht sein, dass Lila tatsächlich das Kind von Me Susane ist??? Dass sie mit der Mutterschaft nicht zurecht kam und sich innerlich davon losgelöst hat - auch aus den genannten Gründen, die in der Vergangenheit liegen? Warum sonst sollten ihre Eltern darauf bestehen, dass das Kind ihr Enkelkind ist, warum kennt Me Susane die leibliche Mutter nicht, warum kann Rudy mit dem Mädchen verfahren, wie er will? Warum empfindet die Anwältin so intensiv die Gefühle des Mädchens wie sonst niemand?

DIe Mutterschaft, zu der sie nach ihrer Genesung zurückkehren kann, würde das Heile-Welt- Bild für mich einigermaßen erklären.

Vielleicht spürt sie auch deshalb eine Verbindung zu Mutter Marlynne? Jene sah die einzige Möglichkeit der Befreiung darin, ihre Kinder zu töten. Me Susane hat ihre Tochter zunächst abgeschoben. So hatte sie die Chance, sie wieder zurückzuholen...

Ich bin euch sehr dankbar für die Fülle an Gedankengängen, die ich so gewiss nicht gehabt hätte. Und ich bin froh, dass ich hier keine Rezensionspflichten habe. Das wäre eine Mammutaufgabe. Nach Bauchgefühl würde ich auf 4 Sterne kommen. Das Buch hat mich total fasziniert und sprachlich angesprochen. Allerdings bleibt es am Ende tatsächlich etwas nebulös. Es verbindet die verschiedenen Handlungsstränge und Ebenen nicht überzeugend genug.

Trotzdem - dank euch - eine gewinnbringende Lektüre!

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Naibenak kommentierte am 21. Januar 2022 um 11:55

Hey du :) Hier, ich lese auch weiterhin mit! :) Wie toll, dass dich das Buch genauso faszinieren konnte wie mich! Und ich finde deinen Gedanken total spannend zu Lila. So richtig bis zu Ende gedacht habe ich diese Sache mit der "Tochter" dann doch nicht mehr. Allerdings bin ich inzwischen auch schon wieder ne Weile "raus" und könnte gar nicht sagen, falls/ob etwas m.M.n. komplett dagegen sprechen würde ;-) Also ich kann es mir gut vorstellen, dass da was dran ist an deinen Gedanken!

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Bücherhexle kommentierte am 21. Januar 2022 um 12:26

Haha! Du hattest wirklich Recht: Das Buch schreit nach Austausch! Gut dass die Kommentare in den Leserunden erhalten bleiben. Dadurch kann man sie unbefristet nutzen. Auch hier scheint es einen schönen Stamm an "Qualitätslesern" zu geben und ich wundere mich nicht, dass du dich hier ebenfalls wohlfühlst. LG

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alasca kommentierte am 21. Januar 2022 um 13:33

Qualitätsleserin! Genau. 

Meine Schwägerin (Fitzek-Fraktion) besteht darauf, dass alles nur eine Frage des Geschmacks ist. Darauf antworte ich um des Familienfriedens willen nur in Gedanken: Sagen die, die keinen haben!

Böseböseböse, ich weiß;-)

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Bücherhexle kommentierte am 21. Januar 2022 um 14:34

Haha! Jesem Tierchen sein Plaisierchen!

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alasca kommentierte am 21. Januar 2022 um 12:01

Der Ansatz mit der verdrängten Mutterschaft finde ich mittlerweile ganz schlüssig. In meinem Bonner Literaturkreis sind wir auch auf diese Interpretation gekommen. Heiße Diskussionen! So, wie Mutterschaft mit Erwartungen und Normen überfrachtet ist, kann frau sich schon mal überfordert fühlen. In Frankreich gibt es immerhin eine Elisabeth Badinter. Bei uns ist es noch schlimmer; nur im Deutschen gibt es eine Vokabel wie "Rabenmutter".

Aber ich schweife ab:-) Was genau das ist, was diesen Roman für mich so interessant und wertvoll gemacht hat. Was ich bei der Lektüre für Gedanken hatte! Wahnsinn. 

Schön, dass du auch mitgemacht hast, Bücherhexle.

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Bücherhexle kommentierte am 21. Januar 2022 um 12:20

Das ist ja toll, dass andere den Gedanken auch hatten! Vieles spricht dafür. Auch dass die Eltern den Kontakt zu Me Susane recht plötzlich und endgültig abgebrochen haben. Welche Eltern könnten damit zurecht kommen, dass die Präsenz des leiblichen Kindes in Frage gestellt wird?

Man merkt der Anwältin ja an, dass sie psychisch labil ist. Umso schöner, dass sie auf der Insel tatsächlich Heilung erfahren konnte - auf welch verschlungenen Wegen auch immer.... Ein solches Buch MUSS man in Gesellschaft lesen. Danke euch, dass ihr noch reagiert habt auf meinen Post - obwohl eure Karawane bereits weitergezogen und mit anderen Büchern beschäftigt ist. 

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alasca kommentierte am 21. Januar 2022 um 12:05

...

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Bücherhexle kommentierte am 21. Januar 2022 um 16:54

Nun habe ich doch noch eine Rezension geschrieben. Das Buch lässt einen so schnell nicht los.

Dabei ist mir noch etwas zu meiner Theorie eingefallen, dass Lila in Wirklichkeit Me Susanes Tochter ist. Eine Spiegelung sehe ich in der verschollenen Heiratsurkunde Sharons: War sie verheiratet oder war sie es nicht? Ihr Bruder und dessen Frau streuen Zweifel: "So genau weiß man das nicht." Ist es nicht genau das, was auf die Beziehung zwischen Rudy und Me Susane zutrifft? Vielleicht sind sie ja auch verheiratet, aber die Anwältin hat diese Tatsache aus ihrer Wahrnehmung ebenso verdrängt wie ihre Mutterschaft...

Nun lasse ich euch in Ruhe. Wen meine Gedanken interessieren, hier der Link zur freiwilligen Rezi:

https://wasliestdu.de/rezension/psychologisches-verwirrspiel-3

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Hennie kommentierte am 24. Januar 2022 um 14:32

@bücherhexle: Ich finde es super, dass du deine Sichtweise hier mitteilst. Die Rezension ist dir in besonderer Weise gelungen und eine zusätzliche, unerwartete Bereicherung dieser Leserunde. Vielen Dank dafür! Der Gedanke, dass Me Susane ihre Mutterschaft und die enge Beziehung zu Rudy verdrängte erscheint mir nachvollziehbar. Vieles scheint möglich bei dieser Geschichte! Die Interpretationen sind ja auch hier in der Runde sehr vielfältig. 

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Bücherhexle kommentierte am 24. Januar 2022 um 16:24

Danke für deine nette Rückmeldung:)
Der Roman ist echt ein Hammer. Wenn man ihm gerecht werden will,müsste man gleich nochmal vorne anfangen...
Die Zweitlektüre hebe ich mir aber für später auf.

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Naibenak kommentierte am 24. Januar 2022 um 14:39

Ich finde es unglaublich faszinierend, dass die Autorin hier offenbar unendlich viel in diesen "kleinen" Roman packen konnte. Je länger man drüber nachdenkt und ins Gespräch kommt, desto mehr Dinge fallen einem auf, erscheinen plausibel. Das wird kein Zufall sein, sondern ist ganz sicher bewusst von der Autorin so komponiert worden. Hut ab vor dieser Virtuosität!

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Bücherhexle kommentierte am 24. Januar 2022 um 16:25

Ganz genau. Gute anspruchsvolle Literatur! Danke für den Tipp und den Link zu dieser Runde:)