Leserunde

Leserunde zu "Die Rache ist mein" (Marie NDiaye)

Die Rache ist mein -

Die Rache ist mein
von Marie Ndiaye

Bewerbungsphase: 11.11. - 25.11.

Beginn der Leserunde: 14.12. (Ende: 03.01.)

Im Rahmen dieser Leserunde stellen wir – mit freundlicher Unterstützung des Suhrkamp Verlags – 20 Freiexemplare von "Die Rache ist mein" (Marie NDiaye) zur Verfügung. Eine Leseprobe findet ihr hier.

Wenn ihr eines der Freiexemplare gewinnt, diskutiert ihr in der Leserunde mit, tauscht euch über eure Leseerfahrungen aus und veröffentlicht am Ende eine Rezension zum Buch.

ÜBER DAS BUCH:

Maître Susane, 42, Anwältin in Bordeaux, erhält in ihrer Kanzlei Besuch von einem gewissen Gilles Principaux. Sie glaubt diesen Mann aus ihrer Jugend zu kennen: Da war eine Begegnung mit einem älteren, beeindruckenden Jungen aus reichem Elternhaus, die ihrem Leben eine ganz neue Richtung gab. Doch an das, was damals konkret geschah, erinnert sie sich kaum. Andeutungen ihres Vaters, der Junge könne ihr zu nahegekommen sein, weist sie empört zurück. Principaux bittet sie, die Verteidigung seiner Frau zu übernehmen, die ein entsetzliches Verbrechen begangen hat: Marlyne Principaux hat ihre drei Kinder getötet. Maître Susane übernimmt den Fall - und stürzt ins Bodenlose. Was ist los mit dieser Mutter? Welche Rolle spielen in all dem Maître Susanes maurizische Hausangestellte und deren Kinder? Wer ist dieser Gilles Principaux wirklich? Und ist sie selbst überhaupt diejenige, die sie zu sein glaubt?

Eine Anwältin wird beauftragt, eine Mutter zu verteidigen, die ihre drei Kinder ermordet hat. Aber verbindet sie nicht mit dem Vater der Kinder eine folgenreiche Begegnung viele Jahre zuvor? Was ist hier Wahrheit, was Lüge? Und ist es möglich, ohne Gewissheit zu leben? Marie NDiayes aufwühlender Roman über eine Frau in einer Extremsituation ist in Frankreich das literarische Ereignis des Jahres: ein raffiniertes, abgründiges Spiel mit uns und unseren Erwartungen und Ängsten.

»Durch viele kleine und große Roman-noir-Stellschrauben wird wohlige Lesefolter verbreitet, die die Lektüre zum Genuss macht ... Der makellose klassische Stil, mit dem [NDiaye] ins Herz der unausweichlichen Dunkelheit vordringt, macht ihre Figuren groß und tragisch.«
Iris Radisch, DIE ZEIT

»Die großartige Marie NDiaye hat das literarische Ereignis des Jahres geschrieben!«
Les Inrockuptibles

»[Ein] geheimnisvoller und schön labyrinthischer Psychoroman ... Marie NDiaye versteht es meisterhaft, Erwartungen ins Leere laufen zu lassen.«
Franziska Wolffheim, Der Tagesspiegel

ÜBER DIE AUTORIN:

Marie NDiaye, 1967 in Pithiviers bei Orléans geboren, veröffentlichte mit 17 Jahren ihren ersten Roman; weitere Romane und Theaterstücke folgten. Für ihre Bücher erhielt sie zahlreiche Preise, u. a. den Prix Goncourt für Drei starke Frauen. NDiaye lebt in Paris.

Prix Marguerite-Yourcenar 2020 für das Lebenswerk 2020 (Nominierung)
The Man Booker International Prize 2016 (Longlist)
Nelly-Sachs-Preis 2015
 

03.01.2022

Thema: Lektüre, Teil ll; Seite 95 bis 175

Thema: Lektüre, Teil ll; Seite 95 bis 175
nikolausi kommentierte am 14. Dezember 2021 um 17:59

Ich gewinne mehr und mehr den Eindruck, dass alle Romanfiguren wahnsinnig sind: Me Susane hat wahnhafte Vorstellungen über die Geschehnisse von vor 30 Jahren, ihre Eltern meinen, Rudys Tochter habe Me Susane zur Mutter, Principaux liebt seine Frau trotz ihrer Mordtaten zum Nachteil seiner Kinder. Nur Sharon scheint sich rational zu verhalten und sich listig ihre Position als illegal Eingereiste zu sichern.

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medsidestories kommentierte am 26. Dezember 2021 um 04:14

"Ich gewinne mehr und mehr den Eindruck, dass alle Romanfiguren wahnsinnig sind."
Ich auch. Ich weiß gar nicht mehr, was hier Realität und was Wahn ist. Sind die Eltern denn wirklich überzeugt, dass Me Susane die leibliche Mutter von Lila ist oder findet das nur in Me Susanes Gedanken statt? Ich habe keine Ahnung. 

Thema: Lektüre, Teil ll; Seite 95 bis 175
Deidree C. kommentierte am 27. Dezember 2021 um 10:25

Ha, das habe ich mich auch gefragt - sind hier alle verrückt?

Thema: Lektüre, Teil ll; Seite 95 bis 175
Bookflower173 kommentierte am 03. Januar 2022 um 16:22

Das Gefühl habe ich auch. Nicht dass sich am Ende herausstellt, dass Sharon in Wahrheit die Verrückteste ist, haha!

Thema: Lektüre, Teil ll; Seite 95 bis 175
alasca kommentierte am 14. Dezember 2021 um 23:07

Mist, ich hab gemerkt, dass ich die Leseabschnitte durcheinander geworfen habe, das kommt davon, wenn man nicht sofort nach Abschluss eines Abschnitts kommentiert ... Die Tirade von Marlyne ist ja erst im zweiten Abschnitt, hoffentlich hab ich jetzt für niemanden gespoilert, wenn ja: sorry! Also hier nochmal mein Kommentar in dem Abschnitt, wo er hingehört, ändern kann man ja leider nicht, find ich doof, by the way:

+++

Die Einvernehmung von Mme. Principeaux mit ihrer ständigen Verwendung des "aber", was ihren inneren Kampf illustriert - "aber" (eine Konjunktion) drückt einen Gegensatz, einen Widerspruch, eine Einschränkung aus. Kann auch eine Anknüpfung sein oder eine Entgegnung einleiten. All diese Funktionen hat das Wort in diesem Monolog. Was für ein Kunstgriff! Sowas hab ich noch nie gelesen.

Dieser Text ist auch sehr analytisch - wie sie an der Figur von Mme. P. die unausgesprochenen Forderungen der patriarchalen Gesellschaft analysiert, eine Art Double Bind, das kann frau schon verrückt machen. 

+++

Wenn Me Susane für Sharon eintritt, tut sie das stellvertretend für sich selbst, S. 100 "... versetzte sie in eine Wut, die sie für sich selbst nie empfunden hatte." Sie ist zutiefst verletzt von der Enttäuschung ihrer Eltern, keine "Prinzessin" hervorgebracht zu haben, obendrein unter Nichtachtung der genetischen Kausalität. Das Abschneiden des Haares ist in dem Zusammenhang bedeutsam. Wie sich herausstellt, hat sie sich damals direkt nach dem Besuch bei den Principeaux´ die Haare abgesäbelt. Wie mir sicher so mancher Mann aus leidvoller (oder freudiger) Erfahrung bestätigen kann, tendieren Frauen dazu, sich bei einschneidenden Lebensveränderungen eine neue Haartracht zuzulegen. Das alles spricht dafür, dass ein Trauma geschehen ist, als sie mit Gilles in seinem Zimmer war. Warum leugnet sie, vor allem vor sich selbst? Das lässt etwas wahrhaft Schreckliches vermuten. 

Es gibt noch weitere Abgründe. Fast jeder Satz öffnet neue. Me Susane gerät durch das Beharren ihrer Eltern auf ihrer Mutterschaft an Lila selbst ins Wanken; so zwingend ist deren feste Überzeugung, dass sie überlegt, wie es theoretisch hätte sein können. Es gibt keine Gewissheiten, gar keine. "Sie zwang sich, ihren Arm zu heben, sie glaubte, es getan zu haben." Nicht mal das ist sicher.

Das erste Gespräch mit Principeaux, wie er ihr sein Innenleben vor die Füße kippt, was da zutage tritt ... "Genau wie brave Hunde konnten sie mich zugleich lieben und fürchten." P. über seine Kinder, und er hat auf furchtbare Art Recht, so können Kinder in dysfunktionalen Familien fühlen. Aber der Knaller für mich war sein Eingeständnis, dass er seine Frau nach dem Mord an den Kindern mehr liebt als vorher. Dass er sie stärker respektiert. S. 132 "Ich liebe diese fürchterliche Marlyne, [...] ich liebe sie besser als vorher, ja. Sie war ein gewöhnlicher Mensch, jetzt ist sie zu einer düsteren Heldin geworden. Ich bin überrascht ..." S. 133 "[...] ich hatte sie für ganz gewöhnlich gehalten."

Finde ich großartig von Ndiaye - profunde Kenntnis der menschlichen Natur. Um solche Gefühle ausdrücken zu können, muss man seiner eigenen dunklen Seite sehr nahe sein und keine Angst vor ihr haben. Was gut ist - nur was unbewusst bleibt, hat Macht über uns. 

Thema französische Klassengesellschaft; Susane sagt über ihren Freund und Ex-Partner S. 142 "Er hatte sich durch die bloße Macht seines Feingefühls [...] erhoben."

S. 147 Nochmal Thema Selbstzweifel: "Was wittern Sie an mir, Sharon, dass Ihnen die bloße Vorstellung, ich könnte mich Ihnen nähern, körperlich wie geistig, einen solchen Widerwillen einflößt? Von welcher Natur, Sharon, scheint Ihnen der Geruch zu sein, der von mir ausgeht? Sie wissen Dinge über mich, die ich nicht kenne!"

Man muss sich in der Tat fragen: Hat Sharon faktische Gründe, Me Susane zu verabscheuen? Oder ist sie einfach nur eine opportunistische Frau, die die Schwäche ihrer Arbeitgeberin ausnutzt und Me Susane jemand, der Dinge überinterpretiert? 

Dann die Mutter, die darauf besteht, es seien nicht die Principeaux gewesen, bei denen sie damals gewesen sind, und mit alternativen Namen um sich wirft, was der Vater nicht hören darf. Eine total dysfunktionale Familie. 

Und dann habe ich noch den Titel des Romans im Hinterkopf; er spricht von Rache. Wer rächt sich an wem? Ich glaube, wir steuern auf einen Riesenknall zu. Nach wie vor lese ich mit großer Spannung und Begeisterung. 

Thema: Lektüre, Teil ll; Seite 95 bis 175
Nil kommentierte am 17. Januar 2022 um 14:34

Es gibt noch weitere Abgründe. Fast jeder Satz öffnet neue.

Total, dieser Roman spielt mit der Psyche!

Thema: Lektüre, Teil ll; Seite 95 bis 175
alasca kommentierte am 14. Dezember 2021 um 23:07

Mist, ich hab gemerkt, dass ich die Leseabschnitte durcheinander geworfen habe, das kommt davon, wenn man nicht sofort nach Abschluss eines Abschnitts kommentiert ... Die Tirade von Marlyne ist ja erst im zweiten Abschnitt, hoffentlich hab ich jetzt für niemanden gespoilert, wenn ja: sorry! Also hier nochmal mein Kommentar in dem Abschnitt, wo er hingehört, ändern kann man ja leider nicht, find ich doof, by the way:

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Die Einvernehmung von Mme. Principeaux mit ihrer ständigen Verwendung des "aber", was ihren inneren Kampf illustriert - "aber" (eine Konjunktion) drückt einen Gegensatz, einen Widerspruch, eine Einschränkung aus. Kann auch eine Anknüpfung sein oder eine Entgegnung einleiten. All diese Funktionen hat das Wort in diesem Monolog. Was für ein Kunstgriff! Sowas hab ich noch nie gelesen.

Dieser Text ist auch sehr analytisch - wie sie an der Figur von Mme. P. die unausgesprochenen Forderungen der patriarchalen Gesellschaft analysiert, eine Art Double Bind, das kann frau schon verrückt machen. 

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Wenn Me Susane für Sharon eintritt, tut sie das stellvertretend für sich selbst, S. 100 "... versetzte sie in eine Wut, die sie für sich selbst nie empfunden hatte." Sie ist zutiefst verletzt von der Enttäuschung ihrer Eltern, keine "Prinzessin" hervorgebracht zu haben, obendrein unter Nichtachtung der genetischen Kausalität. Das Abschneiden des Haares ist in dem Zusammenhang bedeutsam. Wie sich herausstellt, hat sie sich damals direkt nach dem Besuch bei den Principeaux´ die Haare abgesäbelt. Wie mir sicher so mancher Mann aus leidvoller (oder freudiger) Erfahrung bestätigen kann, tendieren Frauen dazu, sich bei einschneidenden Lebensveränderungen eine neue Haartracht zuzulegen. Das alles spricht dafür, dass ein Trauma geschehen ist, als sie mit Gilles in seinem Zimmer war. Warum leugnet sie, vor allem vor sich selbst? Das lässt etwas wahrhaft Schreckliches vermuten. 

Es gibt noch weitere Abgründe. Fast jeder Satz öffnet neue. Me Susane gerät durch das Beharren ihrer Eltern auf ihrer Mutterschaft an Lila selbst ins Wanken; so zwingend ist deren feste Überzeugung, dass sie überlegt, wie es theoretisch hätte sein können. Es gibt keine Gewissheiten, gar keine. "Sie zwang sich, ihren Arm zu heben, sie glaubte, es getan zu haben." Nicht mal das ist sicher.

Das erste Gespräch mit Principeaux, wie er ihr sein Innenleben vor die Füße kippt, was da zutage tritt ... "Genau wie brave Hunde konnten sie mich zugleich lieben und fürchten." P. über seine Kinder, und er hat auf furchtbare Art Recht, so können Kinder in dysfunktionalen Familien fühlen. Aber der Knaller für mich war sein Eingeständnis, dass er seine Frau nach dem Mord an den Kindern mehr liebt als vorher. Dass er sie stärker respektiert. S. 132 "Ich liebe diese fürchterliche Marlyne, [...] ich liebe sie besser als vorher, ja. Sie war ein gewöhnlicher Mensch, jetzt ist sie zu einer düsteren Heldin geworden. Ich bin überrascht ..." S. 133 "[...] ich hatte sie für ganz gewöhnlich gehalten."

Finde ich großartig von Ndiaye - profunde Kenntnis der menschlichen Natur. Um solche Gefühle ausdrücken zu können, muss man seiner eigenen dunklen Seite sehr nahe sein und keine Angst vor ihr haben. Was gut ist - nur was unbewusst bleibt, hat Macht über uns. 

Thema französische Klassengesellschaft; Susane sagt über ihren Freund und Ex-Partner S. 142 "Er hatte sich durch die bloße Macht seines Feingefühls [...] erhoben."

S. 147 Nochmal Thema Selbstzweifel: "Was wittern Sie an mir, Sharon, dass Ihnen die bloße Vorstellung, ich könnte mich Ihnen nähern, körperlich wie geistig, einen solchen Widerwillen einflößt? Von welcher Natur, Sharon, scheint Ihnen der Geruch zu sein, der von mir ausgeht? Sie wissen Dinge über mich, die ich nicht kenne!"

Man muss sich in der Tat fragen: Hat Sharon faktische Gründe, Me Susane zu verabscheuen? Oder ist sie einfach nur eine opportunistische Frau, die die Schwäche ihrer Arbeitgeberin ausnutzt und Me Susane jemand, der Dinge überinterpretiert? 

Dann die Mutter, die darauf besteht, es seien nicht die Principeaux gewesen, bei denen sie damals gewesen sind, und mit alternativen Namen um sich wirft, was der Vater nicht hören darf. Eine total dysfunktionale Familie. 

Und dann habe ich noch den Titel des Romans im Hinterkopf; er spricht von Rache. Wer rächt sich an wem? Ich glaube, wir steuern auf einen Riesenknall zu. Nach wie vor lese ich mit großer Spannung und Begeisterung. 

Thema: Lektüre, Teil ll; Seite 95 bis 175
alasca kommentierte am 14. Dezember 2021 um 23:07

Mist, ich hab gemerkt, dass ich die Leseabschnitte durcheinander geworfen habe, das kommt davon, wenn man nicht sofort nach Abschluss eines Abschnitts kommentiert ... Die Tirade von Marlyne ist ja erst im zweiten Abschnitt, hoffentlich hab ich jetzt für niemanden gespoilert, wenn ja: sorry! Also hier nochmal mein Kommentar in dem Abschnitt, wo er hingehört, ändern kann man ja leider nicht, find ich doof, by the way:

+++

Die Einvernehmung von Mme. Principeaux mit ihrer ständigen Verwendung des "aber", was ihren inneren Kampf illustriert - "aber" (eine Konjunktion) drückt einen Gegensatz, einen Widerspruch, eine Einschränkung aus. Kann auch eine Anknüpfung sein oder eine Entgegnung einleiten. All diese Funktionen hat das Wort in diesem Monolog. Was für ein Kunstgriff! Sowas hab ich noch nie gelesen.

Dieser Text ist auch sehr analytisch - wie sie an der Figur von Mme. P. die unausgesprochenen Forderungen der patriarchalen Gesellschaft analysiert, eine Art Double Bind, das kann frau schon verrückt machen. 

+++

Wenn Me Susane für Sharon eintritt, tut sie das stellvertretend für sich selbst, S. 100 "... versetzte sie in eine Wut, die sie für sich selbst nie empfunden hatte." Sie ist zutiefst verletzt von der Enttäuschung ihrer Eltern, keine "Prinzessin" hervorgebracht zu haben, obendrein unter Nichtachtung der genetischen Kausalität. Das Abschneiden des Haares ist in dem Zusammenhang bedeutsam. Wie sich herausstellt, hat sie sich damals direkt nach dem Besuch bei den Principeaux´ die Haare abgesäbelt. Wie mir sicher so mancher Mann aus leidvoller (oder freudiger) Erfahrung bestätigen kann, tendieren Frauen dazu, sich bei einschneidenden Lebensveränderungen eine neue Haartracht zuzulegen. Das alles spricht dafür, dass ein Trauma geschehen ist, als sie mit Gilles in seinem Zimmer war. Warum leugnet sie, vor allem vor sich selbst? Das lässt etwas wahrhaft Schreckliches vermuten. 

Es gibt noch weitere Abgründe. Fast jeder Satz öffnet neue. Me Susane gerät durch das Beharren ihrer Eltern auf ihrer Mutterschaft an Lila selbst ins Wanken; so zwingend ist deren feste Überzeugung, dass sie überlegt, wie es theoretisch hätte sein können. Es gibt keine Gewissheiten, gar keine. "Sie zwang sich, ihren Arm zu heben, sie glaubte, es getan zu haben." Nicht mal das ist sicher.

Das erste Gespräch mit Principeaux, wie er ihr sein Innenleben vor die Füße kippt, was da zutage tritt ... "Genau wie brave Hunde konnten sie mich zugleich lieben und fürchten." P. über seine Kinder, und er hat auf furchtbare Art Recht, so können Kinder in dysfunktionalen Familien fühlen. Aber der Knaller für mich war sein Eingeständnis, dass er seine Frau nach dem Mord an den Kindern mehr liebt als vorher. Dass er sie stärker respektiert. S. 132 "Ich liebe diese fürchterliche Marlyne, [...] ich liebe sie besser als vorher, ja. Sie war ein gewöhnlicher Mensch, jetzt ist sie zu einer düsteren Heldin geworden. Ich bin überrascht ..." S. 133 "[...] ich hatte sie für ganz gewöhnlich gehalten."

Finde ich großartig von Ndiaye - profunde Kenntnis der menschlichen Natur. Um solche Gefühle ausdrücken zu können, muss man seiner eigenen dunklen Seite sehr nahe sein und keine Angst vor ihr haben. Was gut ist - nur was unbewusst bleibt, hat Macht über uns. 

Thema französische Klassengesellschaft; Susane sagt über ihren Freund und Ex-Partner S. 142 "Er hatte sich durch die bloße Macht seines Feingefühls [...] erhoben."

S. 147 Nochmal Thema Selbstzweifel: "Was wittern Sie an mir, Sharon, dass Ihnen die bloße Vorstellung, ich könnte mich Ihnen nähern, körperlich wie geistig, einen solchen Widerwillen einflößt? Von welcher Natur, Sharon, scheint Ihnen der Geruch zu sein, der von mir ausgeht? Sie wissen Dinge über mich, die ich nicht kenne!"

Man muss sich in der Tat fragen: Hat Sharon faktische Gründe, Me Susane zu verabscheuen? Oder ist sie einfach nur eine opportunistische Frau, die die Schwäche ihrer Arbeitgeberin ausnutzt und Me Susane jemand, der Dinge überinterpretiert? 

Dann die Mutter, die darauf besteht, es seien nicht die Principeaux gewesen, bei denen sie damals gewesen sind, und mit alternativen Namen um sich wirft, was der Vater nicht hören darf. Eine total dysfunktionale Familie. 

Und dann habe ich noch den Titel des Romans im Hinterkopf; er spricht von Rache. Wer rächt sich an wem? Ich glaube, wir steuern auf einen Riesenknall zu. Nach wie vor lese ich mit großer Spannung und Begeisterung. 

Thema: Lektüre, Teil ll; Seite 95 bis 175
alasca kommentierte am 15. Dezember 2021 um 00:03

Arrrggghhhh ...! Was ist denn hier passiert? Ich habe nur einmal gepostet - halt, nein, ich habe dreimal auf den Button gedrückt, weil sich nichts tat, zu ungeduldig. Ich bitte um Nachsicht *seufz*...

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TochterAlice kommentierte am 17. Dezember 2021 um 13:13

Es ist wirklich merkwürdig, mit welcher Vehemenz die Mutter bestreitet, mit Me Susane bei den Principaux gewesen zu sein. Woran erkannte denn eigentlich Me Susane den Jungen von damals wieder? Doch eigentlich am Namen oder nicht? Könnte es tatsächlich sein, dass sie sich diesen falsch gemerkt hat?

Thema: Lektüre, Teil ll; Seite 95 bis 175
Naibenak kommentierte am 20. Dezember 2021 um 08:31

Richtig super erklärt, danke Alasca. So sehe ich das auch alles! Diese Monologe mit "Aber" oder später dann "Denn" sind schon sehr speziell in ihrer Form. Sie sagen jedoch unheimlich viel über die Person, die Situation aus. Das ist wirklich klasse gemacht!!!

Thema: Lektüre, Teil ll; Seite 95 bis 175
Deidree C. kommentierte am 27. Dezember 2021 um 10:29

Das Abschneiden des Haares ist in dem Zusammenhang bedeutsam. Wie sich herausstellt, hat sie sich damals direkt nach dem Besuch bei den Principeaux´ die Haare abgesäbelt. Wie mir sicher so mancher Mann aus leidvoller (oder freudiger) Erfahrung bestätigen kann, tendieren Frauen dazu, sich bei einschneidenden Lebensveränderungen eine neue Haartracht zuzulegen. Das alles spricht dafür, dass ein Trauma geschehen ist, als sie mit Gilles in seinem Zimmer war.

Das ist mir auch sofort in den Sinn gekommen. Aber war sie wirklich mit Gilles in einem Zimmer - damals. Oder hat sein Auftauchen, sein "Fall", das Trauma wieder auf den Teppich gebracht?

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medsidestories kommentierte am 28. Dezember 2021 um 22:11

Daran musste ich auch sofort denken. Das ist ja ein ganz klassisches Zeichen.

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anna1965 kommentierte am 16. Dezember 2021 um 16:04

Meine anfängliche Abneigung gegen das Buch hat sich mit zunehmender Lektüre ins Gegenteil verkehrt. Meine Güte, was sind die alle gestört. Und wenn man sich darauf einlässt, das man bei keinem mit einer "normalen" Reaktion rechnen kann, dann erwarte ich noch einige interessante Wendungen. 

Thema: Lektüre, Teil ll; Seite 95 bis 175
TochterAlice kommentierte am 17. Dezember 2021 um 13:11

Ich bin mir nicht sicher, ob die Eltern Me Susane wirklich so sehen, wie sie es ihnen unterstellt. Denn Schönheit ist doch eine absolut subjektive Eigenschaft und sie hat ja jetzt nicht irgendwelche Merkmale an sich, die sie entstellen, deswegen finde ich das schon ganz schön heftig, dass sie weiß (oder meint zu wissen), dass ihre Eltern sie nicht hübsch, geschweige denn schön fanden. Wobei ich ihre Reaktion als Kind genau richtig fand, sie abzuschneiden und dem Vater mitzuteilen, dass sie sich ja auf ihrem Kopf befanden und nicht auf dem Seinigen.

Interessant, wie Sharon einen Draht zu Lila bekommt, vielleicht ja gerade deswegen, weil sie nicht ein Wahnsinnsgetue um das Kind macht, sondern sie in ihren Alltag einbezieht, ohne aber zu erwarten, dass sie sich anpasst - es gibt dennoch Spiele und Unterhaltung, nur passt sie diese an ihre Arbeitsumgebung an.

Thema: Lektüre, Teil ll; Seite 95 bis 175
alasca kommentierte am 18. Dezember 2021 um 17:37

"Denn Schönheit ist doch eine absolut subjektive Eigenschaft und sie hat ja jetzt nicht irgendwelche Merkmale an sich, die sie entstellen."

Das ist nicht ganz richtig. Es hat zu allen Zeiten Schönheitsideale gegeben, und diejenigen, die ihnen nicht entsprachen, waren schon immer gekniffen, vor allem Frauen, für die das bis heute den Unterschied zwischen Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit entscheidet. Und so, wie sich Me Susane selbst beschreibt, niedrige Stirn, groß, massiv, da kann man erkennen, dass sie wohl kaum als hübsch oder gar schön und schon gar nicht als "Prinzessin" durchgeht. Außerdem hat Susane, wenn ich mich nicht irre, ihren Vater etwas in dieser Richtung zur Mutter sagen gehört. Ich denke, dass sie sich völlig zu Recht als "objektiv" unattraktiv einstuft. 

Eine andere Sache ist es dann wieder, ob sie nicht dennoch geliebt und als schön von innen heraus gesehen werden kann. 

Thema: Lektüre, Teil ll; Seite 95 bis 175
ysmn kommentierte am 19. Dezember 2021 um 13:55

Außerdem hat Susane, wenn ich mich nicht irre, ihren Vater etwas in dieser Richtung zur Mutter sagen gehört.

Ich habe mir die Stelle sogar markiert, weil ich sie schockierend fand. Der Vater sagt: "Sie ist massig, sie ist gewaltig, sie sieht inzwischen aus wie ein Mann."

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alasca kommentierte am 21. Dezember 2021 um 20:10

Genau! Wie verunsichernd so etwas bei Teenagern ist, kann man sich vorstellen. 

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medsidestories kommentierte am 28. Dezember 2021 um 22:14

Ich habe mich ja wirklich sehr über diese Stelle gewundert. Einerseits wirkt der Vater sehr liebend und als hätte er damals wie heute das bedürfnis seine nun erwachsene Tochter zu beschützen, andererseits ist er so kritisch und hartherzig ihr gegenüber. An dieser Stelle und auch noch im weiteren Verlauf. 

Thema: Lektüre, Teil ll; Seite 95 bis 175
Naibenak kommentierte am 20. Dezember 2021 um 08:29

Das habe ich zwischendurch auch hin und wieder gedacht: sind die Eltern wirklich so drauf oder sind das alles nur Vermutungen von Me Susane? Aber es gibt doch tatsächlich hin und wieder eine Textstelle, die zeigt, dass es tatsächlich so ist. Zum Bsp das mit dem Aussehen von Me Susane. Wie hier schon geschrieben wurde, gab es tatsächlich solche Situationen, als die Eltern drüber sprachen.

Ich habe mehr und mehr das Gefühl, dass das gesamte Elternhaus völlig neben der Spur ist. Sie leiden, weil sie keine "Prinzessin" als Tochter haben, sie legen aber all ihre Hoffnungen und Wünsche für ein ihrer Meinung nach erfülltes Leben auf die Schultern der Tochter. Ersticken sie mit (echter?) Liebe, sind enttäuscht, wenn es nicht nach ihren Wünschen läuft, so dass sich Me Susane nie traut, mal Kontra zu geben. Was muss das für eine Familie sein, in der man dermaßen "eingesperrt" ist mit den eigenen Bedürfnissen und sich nicht traut sie zu benennen? Das ist krass und ich habe immer mehr das Gefühl, dass Me Susanes Trauma vielleicht noch ganz andere Ursprünge hat als evt dieses Ereignis vor 30 Jahren...

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Deidree C. kommentierte am 27. Dezember 2021 um 10:32

Ich habe das Gefühl, dass Me Susane absolut gar nichts mehr so sieht, wie es wirklich ist.

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medsidestories kommentierte am 28. Dezember 2021 um 22:16

Das Gefühl habe ich allerdings auch!

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Maria_21 kommentierte am 31. Dezember 2021 um 16:31

Um ehrlich zu sein, habe ich das gleiche Gefühl! So richtig verstehe ich Me Susane, in ihrem ganzen Denken, nicht!

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Nil kommentierte am 17. Januar 2022 um 14:36

Ich bin mir nicht sicher, ob die Eltern Me Susane wirklich so sehen, wie sie es ihnen unterstellt. Denn Schönheit ist doch eine absolut subjektive Eigenschaft und sie hat ja jetzt nicht irgendwelche Merkmale an sich, die sie entstellen, deswegen finde ich das schon ganz schön heftig

Ja, in der Tat sehe ich auch so. Mir scheint der Ursprung einem erklärten Schönheitsideal zu entspringen.

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TochterAlice kommentierte am 17. Dezember 2021 um 21:48

Ich habe noch was vergessen: was sich mir gestern tief ins Bewusstsein eingebrannt hat, waren die beiden Monologe von Mme und M Principaux, der ihrige beginnt jeden Satz mit einem "Aber". Offenbar ist ihr ganzes Leben zu einem "Aber" geworden. Wohingegen ihr Mann sehr viele Sätze mit "ich" startet. In der Tat glaube ich jetzt, dass er vieles nicht versteht - eigentlich alles, in dem sein "Ich" sich nicht im Mittelpunkt befindet.

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nikolausi kommentierte am 18. Dezember 2021 um 10:47

Es gibt dann später noch einen seitenlangen Monolog von M. Principaux, in dem alle Sätze mit "denn" beginnen. Irgendwie ist das schwer zu lesen und die Konjunktionen machen nicht immer richtig Sinn.

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TochterAlice kommentierte am 18. Dezember 2021 um 11:27

Stimmt, das sehe ich auch so. Wobei die "Aber"-Sätze der Frau für mich auch sehr anstrengend zu lesen waren, weil "Mais" im Franzöischen oft anders und überhaupt viel häufiger verwendet wird als das deutsche "Aber". Ich habe beides so angenommen, weil die Übersetzerin ein hier ein stilistisches Mittel übernommen hat, aber richtig gut klingt das nicht. Diese "ich"-GEschichte passte da schon etwas besser.

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bookslove1511 kommentierte am 18. Dezember 2021 um 21:24

Nach paar Sätzen, die mich total irritiert hatten, habe ich all die „aber“ und „denn“ bewusst nicht mitgelesen. So konnte ich einige Maßen die Geschehnisse folgen :))

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Naibenak kommentierte am 20. Dezember 2021 um 08:34

hahaha... irgendwann habe ich das auch gemacht :D War dann einfacher lesbar. Sinn des ganzen hatte sich mir dann ja schon erschlossen ;-)

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frenx kommentierte am 28. Dezember 2021 um 21:39

Ich habe statt aber einfach ach gelesen :-) 

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bookslove1511 kommentierte am 04. Januar 2022 um 20:58

Auch gut :))

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alasca kommentierte am 18. Dezember 2021 um 17:41

Ich denke, das "denn" ist stilbildend für diese Textpassage. Er versucht krampfhaft, eine Begründung zu finden, einen Grund für das, was geschehen ist, und sich damit zu entlasten. Was ihm nicht gelingt - das geht ihm am Ende ja auch selber auf. 

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medsidestories kommentierte am 28. Dezember 2021 um 22:18

Das denke ich auch. Ich habe diese Monolge als sehr schwer zu lesen empfunden, ich glaube aber, dass diese Stilmittel ganz bewusst gewählt worden sind. 

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bookslove1511 kommentierte am 18. Dezember 2021 um 21:12

Offenbar ist ihr ganzes Leben zu einem "Aber" geworden.

Genauso habe ich auch wahrgenommen. Principaux ist der Sonne und alles muss um ihm kreisen. Er hat sie unterdrückt, sodass sie sogar als Französisch-Lehrerin nicht mal ordentliche Sätze aussprechen kann. Irgendwie sie tut mir Leid.

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ysmn kommentierte am 19. Dezember 2021 um 13:53

Er hat sie unterdrückt, sodass sie sogar als Französisch-Lehrerin nicht mal ordentliche Sätze aussprechen kann.

Das ist eine schöne Interpretation. Daran hatte ich gar nicht gedacht!

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Deidree C. kommentierte am 27. Dezember 2021 um 10:35

Dieser "ich" Monolog von ihm hat ihn für mich sehr unsympathisch gemacht. Ein Egoist, der sogar den Tod seiner Kinder wegsteckt, Hauptsache sein Leben wird wieder leichter. Wenn denn alles so ist, wie Me Susane es wiedergibt. ;-)

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medsidestories kommentierte am 29. Dezember 2021 um 01:17

Die gleichgültige Art, auf die er den Tod seiner Kinder hinnimmt, hat mich auch erschreckt!!!

Thema: Lektüre, Teil ll; Seite 95 bis 175
ysmn kommentierte am 19. Dezember 2021 um 13:47

Was mir von diesem Leseabschnitt am meisten in Erinnerung geblieben ist, sind die Monologe von Marlyne und Gilles Principaux. Ihr Aber-Monolog erschließt die ganze Situation, die dem Verbrechen zugrunde liegt. Sie bringt die Angst davor, dass Monsieur Principaux auch ihre Kinder dazu hätte bringen können, sie zu verachten, zum Ausdruck. Und auch die Tatsache, dass sie dann sogar den letzten Sinn in ihrem Leben, das Muttersein, verloren hätte, nachdem sie schon alles andere verloren bzw. aufgeben hat. Eigentlich hätte sie Monsieur Principaux töten müssen, aber nicht mal diese Freiheit war ihr gegeben, denn: “Aber man kann Monsieur Principaux nicht töten, nicht mal in Gedanken. Aber man kann Monsieur Principaux nicht verlassen, nicht mal im Traum”. Somit sind nur die Kinder als Opfer geblieben, um die Verbindung zu lösen. Dafür steht das “Aber”. Im Sinne von: “Ich habe getötet, aber…”. Die Tatsache, dass sie nicht verteidigt werden will, sondern im Gefängnis bleiben will, sagt meiner Meinung nach auch sehr viel aus. Sogar im Gefängnis erhofft sie sich mehr Freiheit als in ihrem Eheleben. Principauxs selbstzentrierter Ich-Monolog unterstreicht diesen Eindruck. 

Ich glaube, beide Frauen, sowohl Me Susane als auch Marlyne projizieren in die Figur von Gilles Principaux etwas, was er nicht ist und nicht sein kann.

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alasca kommentierte am 19. Dezember 2021 um 23:06

"Ich glaube, beide Frauen, sowohl Me Susane als auch Marlyne projizieren in die Figur von Gilles Principaux etwas, was er nicht ist und nicht sein kann."

Ehefrauen tendieren meist nicht dazu, etwas in ihre Männer hineinzuinterpretieren. Das tun sie vielleicht in der Anfangszeit, wenn sie verliebt sind. Aber im Lauf der Zeit kennt man seinen Ehepartner in- und auswendig. Ja, okay, manchmal lernt man ihn erst bei der Scheidung so RICHTIG kennen. Aber das gehört ja praktisch auch zur Ehezeit, weil erst nach der Scheidung ... ist man geschieden. :-) Meist ist es doch so, dass Frauen ihre Männer so gut kennen wie kein anderer auf der Welt. 

Ich würde sagen, M. Principeaux interpretiert in sich selbst eine ganze Menge hinein - vor allem Gutes;-)

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Naibenak kommentierte am 20. Dezember 2021 um 08:43

"Eigentlich hätte sie Monsieur Principaux töten müssen, aber nicht mal diese Freiheit war ihr gegeben, denn: “Aber man kann Monsieur Principaux nicht töten, nicht mal in Gedanken. Aber man kann Monsieur Principaux nicht verlassen, nicht mal im Traum”. Somit sind nur die Kinder als Opfer geblieben, um die Verbindung zu lösen."

Ja! Genau so habe ich es auch verstanden. Sie wollte durch die Tat u.a. alles, was zu Principaux eine Verbindung hat, auslöschen. Sie wollte, dass er sie nun verflucht und nichts mehr mit ihr zu tun haben will. Sie war meiner Meinung nach so verzweifelt, dass sie diese furchtbare Tat als letzten Ausweg angesehen hat, sich von ihrem Mann zu befreien. Und nicht einmal das hat funktioniert. Tragisch, ...bei all der eigentlichen Tragik! Hier würde ich dann aber doch anzweifeln, ob Marlyne ihren Mann wirklich gekannt hat. Ich denke mal, dass er sie nun noch mehr liebt (wie gruselig!!!), hatte sie nicht auf dem Schirm...

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Deidree C. kommentierte am 27. Dezember 2021 um 10:38

Sehr gut zusammengefasst. Kann ich dir nur zustimmen. Allerdings denke ich dass er durchaus sein könnte, was die Frauen in ihm sehen. Was ist in diessem Buch schon unmöglich? ;-)

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Naibenak kommentierte am 20. Dezember 2021 um 08:55

Ihr habt hier schon viele Dinge aufgeführt, die mich ebenso berührt und umtrieben haben! Aber was mir persönlich wirklich zusätzlich nahe ging, war die Szene, als Me Susane versucht hat, sich für Gilles Principaux aufzubrezeln, um ihr Selbstbewusstsein zu stärken. Zumindest nach außen hin. Sie selbst hat sich total unwohl auf den Stöckelschuhen gefühlt. Dieser Punkt allein sagt schon wieder so viel aus über Me Susane und ihre "Beziehung" zu Gilles. Sie redet sich zudem immer mehr ein, dass er es damals nicht gewesen ist vor 30 Jahren (sicherlich auch, weil ihre Mutter ständig neue Namen in den Raum wirft...). Sie übersieht immer mehr ihre allererste Reaktion, als Gilles die Praxis betrat. Die war echt. Die ist wegweisend. Sie müsste sich darauf wieder mehr besinnen... naja - seufz!

Was ich aber eigentlich noch sagen will (man hat immer wieder neue Gedanken und schweift so schnell ab - sorry ;-) )... Me Susane stürzt, blutet, humpelt... und Gilles Principaux sieht sie nicht. Er ist so auf sich selbst fixiert (wie wahrscheinlich sein ganzes Leben schon), dass er nichts wahrnimmt. WIE INTERPRETIERT IHR DIESE SZENE?

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Deidree C. kommentierte am 27. Dezember 2021 um 10:41

Für mich sagt diese Szene, dass er ein riesengroßes egozentisches Ar...... ist. Aber eben nur so lange, bis vielleicht klar wird, dass Me Susane sich das alles nur zusammenreimt und die Wahrheit der anderen Figuren ganz anders aussieht.

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Naibenak kommentierte am 20. Dezember 2021 um 08:59

Jetzt, zum Ende des 2. Abschnittes, bin ich total fasziniert von diesem Roman! Wahnsinn, mit welchen sprachlichen Mitteln hier erzählt und gleichzeitig so wahnsinnig viel gesagt wird, vorallem auch zwischen den Zeilen. Das ist wirklich das perfekte Buch zum Diskutieren, weil man unendlich viel entdecken und interpretieren kann. Total super :-)

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Hennie kommentierte am 21. Dezember 2021 um 19:46

"mit welchen sprachlichen Mitteln hier erzählt und gleichzeitig so wahnsinnig viel gesagt wird, vorallem auch zwischen den Zeilen"

Das mag sein, aber für mich macht das Gesagte keinen Sinn. Wer will hier was und warum? Was ist los mit den Leuten? Für dieses Buch brauche ich definitiv eine(n) "Erklärbär/in".

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frenx kommentierte am 28. Dezember 2021 um 21:41

Der unzuverlässige Erzähler macht mir auch zu schaffen. Man will wissen, was Sache ist udn erfährt so gar nichts wirklich "sicher". 

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Salome kommentierte am 21. Dezember 2021 um 11:14

Puh, ich bin auch fertig mit dem zweiten Abschnitt und manche Teile waren sehr anstrengend zu lesen besonders der Teil wo Marlyne erzählt mit den vielen ABER und dann auch noch der Teil von Gilles, wo dann die vielen DENN dabei sind. Ich finde auch dass die alle irgendwie einen "Schaden" haben besonders die Hauptprotagonistin und ihre Eltern.... Auch die ganzen Gedanken, die sich Marlyne und Gilles gegenseitig übereinander machen, sind wirklich sonderbar. Wie kann man als Mann darüber hinwegsehen, dass die eigene Frau die drei Kinder einfach getötet hat und dann "beleidigt sein" wenn die Frau einen im Gefängnis nicht mehr sehen will. Da sieht man dann, dass ihm die Kinder nicht so wichtig gewesen sind, denn sonst kann man das einfach nicht wegstecken oder er hat es einfach nicht richtig realisiert. 

Ob nun Gilles wirklich der Mann aus der Kindheit ist den sie zu kennen glaubt oder nicht?! Auch ich habe über den Titel nachgedacht, DIE RACHE IST MEIN... wer will sich an wem rächen. Vielleicht hat sich Giles wirklich an ihr vergriffen als Kind und sie will sich an ihm rächen...aber dass sie dann die Kinder auf dem Gewissen hat, kann ich mir dann auch nicht vorstellen. Man sieht, das Buch hat mich selber auch schon verwirrt.... Ich bin auf jeden Fall sehr gespannt, wie es weitergeht bzw. wer dann sagt- DIE RACHE IST MEIN....

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Hennie kommentierte am 21. Dezember 2021 um 19:41

"Ich bin auf jeden Fall sehr gespannt, wie es weitergeht bzw. wer dann sagt- DIE RACHE IST MEIN...."

Darüber habe ich mir auch schon meine Gedanken gemacht. Alles so seltsam!

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Deidree C. kommentierte am 27. Dezember 2021 um 10:45

Anfangs dachte ich, dass Me Susane es vielleicht schafft die Frau zu entlasten (auch wenn sie es getan hat) und dafür die Tat ihm anzuhängen. Eben als Rache dafür, was er ihr früher angetan hat. Aber im Moment sieht es gar nicht danach aus, als würde sie es schaffen jemanden zu entlasten, so einen komplexen Plan umzusetzen oder überhaupt ihr Leben in den Griff zu bekommen. Es bleibt spannend.

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Bookflower173 kommentierte am 03. Januar 2022 um 16:21

"Ich bin auf jeden Fall sehr gespannt, wie es weitergeht bzw. wer dann sagt- DIE RACHE IST MEIN...."

Darauf bin ich auch gespannt. Habe auch zwischendurch überlegt, dass Sharon etwas vor hat.

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Hennie kommentierte am 21. Dezember 2021 um 19:36

Durch die seitenlangen Sätze, vorgetragen von Madame Principaux, die mit ABER beginnen und ebenso von Monsieur P. diese ICH - und DENN – Einlassungen, erfolgte bei mir eine kleine Erhellung. Hier erfuhr ich, was die Frau bewogen hatte diese furchtbaren Taten zu begehen und welchem Irrglauben ihr Ehemann aufgesessen war. Er hält trotzdem an der Liebe zu seiner Frau fest. Das ist eine der vielen nicht funktionierenden Beziehungen im Roman. Von Me Susane und ihrer vermutlichen Begegnung mit Gilles P. in der Kindheit gibt der Text weiterhin nichts preis. Ihr Gefallenwollen, ihr ganzes Verhalten, der Sturz und das Nichtwahrnehmen der Verletzungen durch ihn. Warum verhält sich die Anwältin so absurd? Was will die Autorin mir sagen? Für mich sind das bis jetzt mysteriöse Denkspiele. Es wabert im Nebulösen. Mir macht das Lesen echt keinen Spaß.

Ich weiß noch immer nicht nach diesem Leseabschnitt, was ich von der Geschichte halten soll, was mir die Autorin mitteilen möchte. Und das nach der Buchvorstellung bei Denis Scheck, wo Marie Ndiaye einen guten Eindruck bei mir hinterließ.

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Deidree C. kommentierte am 27. Dezember 2021 um 10:49

Denkspiel ist ein treffendes Wort.

Insoferne ist das ganze Buch ein Denkspiel. Ich als Leser kann derzeit keinen Satz definitiv als Wahrheit oder Gedankenspiel von Me Susane festmachen. Alles könnte wahr und alles könnte erdacht sein.

Soll man sich als Leser fragen, wie die eigene Wahrheit auf andere wirkt? Oder steckt eine ganz andere Absicht der Autorin dahinter?

Thema: Lektüre, Teil ll; Seite 95 bis 175
Deidree C. kommentierte am 27. Dezember 2021 um 10:24

Hallelujah, was ist das für ein Buch? ;-)

Irgendwie ist hier wohl jeder auf seine Art und Weise etwas irre. Und ich werde es beim Lesen auch schön langsam. Was spielt sich nur im Kopf der Protagonistin ab? Was war wirklich passiert? Der Mord an den Kindern und die Verteidigung der mutmaßlichen Täterin gerät immer mehr in den Hintergrund. Dafür scheint es jetzt vielleicht sogar möglich, dass Lila ihre Tochter ist. Oder spinnt sie sich das auch nur zusammen. Oh, oh…

So viele Gedanken von Me Susane, so viele Vorurteile oder vielleicht sollte ich es Klassenunterschiede nennen. Irgendwie strebt sie doch ständig an, aus dem Umfeld ihrer Geburt zu gelangen. Rudy ist es allein durch die Geburt von Lila gelungen, wie sie erwähnt.

Die ewig langen Gespräche mit den Principaux sind faszinierend geschrieben. Lange Strecken ohne Punkt. Einfach Wort an Wort, Gedanke an Gedanke. Nicht gerade leicht zu lesen.

Ein höchst verwirrendes Buch und gleichzeitig zieht es mich in seinen Bann, ich möchte einfach wissen was jetzt stimmt und was nicht. Hoffentlich wird das im letzten Abschnitt aufgeklärt und wir enden nicht mit einem offenen Schluss.

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Bookflower173 kommentierte am 03. Januar 2022 um 16:20

"Ein höchst verwirrendes Buch und gleichzeitig zieht es mich in seinen Bann, ich möchte einfach wissen was jetzt stimmt und was nicht. Hoffentlich wird das im letzten Abschnitt aufgeklärt und wir enden nicht mit einem offenen Schluss."

Verwirrend finde ich es auch. Aber mich zieht es leider nicht in den Bann. Das uch nervt mich langsam. Ich hoffe, das Ende kann mich noch überzeugen.

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frenx kommentierte am 28. Dezember 2021 um 21:44

mit dem Auftreten von Mr. Principaux wird die Handlung etwas vorangetrieben - auch wenn sich eigentlich so gar nichts wirklich erhellt. Außerdem erfährt man etwas von Susanes  Arbeitsweise: sich in die Personen hineinzuversetzen, sie zu enträtseln.  

Unklar ist mir auch, welche Bedeutung Rudy im Buch hat. 

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Hornita kommentierte am 30. Dezember 2021 um 13:20

Endlich bekommt man die Aussage von Frau P. zu lesen, aber so wirklich viel klärt das nicht. Aber es lässt ahnen, dass die Ehe nicht so harmonisch war... komisch finde ich auch, dass die drei Kinder kaum erwähnt werden. Maire Susane weiß immer noch nicht, ob sie Herrn P. wirklich kennt oder nicht. Unabhängig davon, was ist ihr als 10jährige passiert? Es bleiben noch viele Fragen offen.

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Bookflower173 kommentierte am 03. Januar 2022 um 16:19

Ich finde auch alle snoch serh verwirrend und es wird auch immer schlimmer. Bin gespannt, wie das alles jetzt aufgelöst wird.

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Maria_21 kommentierte am 31. Dezember 2021 um 17:27

Der zweite Abschnitt war doch recht anstrengend zu lesen. Die vielen Erzählungen von Marlyne mit den zu vielen „Aber“ und Gilles mit den ach so vielen „Ich/Denn“ ohne auf den eigentlichen Punkt zu kommen und für mich deshalb, doch recht schwierig zu lesen. Mitunter musste ich Abschnitte noch einmal lesen, weil ich dachte, wo bin ich denn!
Mit den ganzen und vielen Gedanken, die sich Marlyne und Gilles gegenseitig übereinander machen, sind schon eigenartig. Wie kann man als Mann darüber hinwegsehen, dass die eigene Frau ihre eigenen drei Kinder einfach getötet hat! Merkwürdig!
Me Susane, scheint in ihrer eigenen Welt und Gedankengänge zu leben und ob sie es jemals schafft, Marlyne zu entlasten, bezweifle ich. Auch bin ich gespannt, welche Rache sie an Gilles nehmen wird und wie diese aussieht!

 

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medsidestories kommentierte am 01. Januar 2022 um 13:33

Für mich waren diese Abschnitte auch sehr schwierig zu lesen und ich habe manchmal den roten Faden verloren. Ich finde aber prinzipiell das reine Konzept solcher Monologe sehr spannend.

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Bookflower173 kommentierte am 03. Januar 2022 um 16:18

Ich finde Marlyne und Gilles auch sehr merkwürdig!

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Bookflower173 kommentierte am 03. Januar 2022 um 16:17

Dieser Abschnitt lässt micht noch verwirrter zurück!

Ist Me Susane die Mutter von Lila? Warum wird hier alles so undeutlich beschrieben. Ich habe das Gefühl, Me Susane bildet sich das meiste nur ein und lebt in ihrer Fantasiewelt. 

Das Treffen mit Marlyne war äußerst komisch. Sie glaubt, sie umarmt zu haben. SIe hat ihr nicht in die Augen geschaut. Warum? Ich habe irgendwie die Vemrutung, dass Me Susan Marlyne ist und dass die Komplexität der Geschichte deshalb auch erst am Ende verständlicher wird. Aber es gibt auch Punkte, die gegen meine Vermutung sprechen.

Principeaux ist mir sehr unsympathisch. Er liebt seine Frau auch nach der grausamen Tat und seine Kinder liebte er auch auf eine ganz komische Weise. Ich finde ihn schon sehr gruselig. Dass die Familie damals "Ravalet" hieß, glaube ich auch nicht. Ich denke schon, dass es sich um diesen Principeaux handelt.