Rezension

Time to say goodbye

Evas Rache -

Evas Rache
von Thomas Ziebula

Bewertet mit 4 Sternen

Man mag gar nicht glauben, dass Thomas Ziebula seine Inspektor-Stainer-Reihe nur auf wenige Jahre Erzählzeit angelegt hat. Paul Stainer muss so viele Widrigkeiten, Traumata und Kriminalfälle erleben, dass reicht in meinen Augen für vier ganze Leben. Mit dem vierten Buch hat dann auch der Stainer die Nase voll und verweigert den Dienst. Autor Thomas Ziebula fügt sich und beendet die Leipzig-Reihe. Doch einen letzten großen Fall muss der Stainer noch für ihn lösen. Im Frühsommer 1922 versetzt ein grausamer Lustmörder Leipzig in Angst und Schrecken und bringt den Alkohol zurück in den Alltag des Kriminalinspektors. Die schaurig zugerichteten Frauenleichen verstören Paul Stainer zusehends und vom Täter, von der Presse als „Bestie von Leipzig“ betitelt, fehlt jede Spur, bis dieser sich wohl auf frischer Tat ertappen lässt. Währenddessen ist die Technische Messe in vollem Gange und die Stadt platzt aus allen Nähten. Eine Handvoll Ganoven wird zusammengetrommelt,

um die Frau des Münchener Ingenieurs Armin Dorn zu entführen und neben dem Lösegeld vor allem an Dorns neueste Erfindung zu kommen. Doch Eva-Maria Dorn hatte bereits eigene Pläne mit ihrem treulosen Ehemann und fügt sich ihren Entführern nicht ohne weiteres.

Auch in seinem vierten und letzten Stainer-Roman hat Thomas Ziebula nichts an seiner Erzählfreude eingebüßt. Die politische und gesellschaftliche Atmosphäre in Leipzig ist weiter aufgeladen, die Normalität für viele Rückkehrer aus der Kriegsgefangenschaft auch 1922 noch nicht wieder hergestellt. Die deutsche Reichsmark verliert immer weiter an Kaufkraft. Kommunisten, Sozialdemokraten und Monarchisten bedrohen sich gegenseitig, politische Morde durchziehen die Republik. Auch Stainer wird seinen verhassten Kollegen Heinze einfach nicht los. Das Symbol eines Hakenkreuzes taucht in Zusammenhang mit einer neu gegründeten Partei zum ersten Mal auf und verheißt nichts Gutes, denn Stainers kaisertreuer Vater ist Gründungsmitglied. Stainer selbst steht in diesen Wochen neben sich, erscheint etwas blasser im Vergleich zu den Vorgängergeschichten. Ihm scheint wirklich die Luft auszugehen. Doch auch dafür findet Thomas Ziebula eine Lösung. Sein Gespür für zwischenmenschliche Beziehungen ist ebenso tragend für die Handlung wie die Fälle selbst. So sehr ich Kriminalfälle auch schätze, an den Leipzig-Krimis begeistert mich am meisten die gut recherchierte historische Atmosphäre. Die geschichtlichen Zusammenhänge, die der Autor in seinem Text ganz selbstverständlich miterzählt und die mir viel mehr über jene Zeit vermitteln, als alle meine Geschichtsstunden zusammengenommen. Eine gewisse Bedrückung bleibt dabei nicht aus, denn ich lese ja immer aus der Perspektive der Nachgeborenen. Weiß also wie die Entwicklung weiterging und stecke gleichzeitig in meiner Zeit, in der die Zeichen scheinbar auf Wiederholung stehen. Vielleicht mit ein Grund, warum Thomas Ziebula Stainers Leipzig für auserzählt hält, denn die wirklich harten Jahre stünden dem Inspektor erst noch bevor.