Rezension

Wunderbar ausführliche Familiengeschichte!

Der Stich der Biene -

Der Stich der Biene
von Paul Murray

Bewertet mit 5 Sternen

Um die Familie Barnes steht es nicht zum besten. Seit der Wirtschaftskriese sitzt den Iren das Geld nicht mehr so locker. Besonders an den teuren Autos, die Dickie Barnes in zweiter Generation verkauft besteht kein Interesse mehr. Er versucht das Problem offenbar weg zu ignorieren, während seine Frau ihre gesammelten Luxusgüter verkauft. Keine tolle Situation!

Besonders Teenager Cass will da gerade mit dem Rest ihrer Familie am liebsten gar nichts zu tun haben. Wie peinlich, dass das Geld knapp ist! Wie peinlich die ewigen Streiterein der Eltern! Cass Leben dreht sich eigentlich nur darum, ihrer besten Freundin Elaine zu gefallen und mit ihr raus aus dem Kaff und endlich nach Dublin aufs College zu kommen. Und das obwohl Cass manchmal selbst merkt, dass Elaine ihr gar nicht guttut und es auch nicht immer gut meint. Ich fand sie wunderbar getroffen: Anstrengend und selbstgerech, wie Teenies nunmal sind, aber auch verletzlich und immer nah am Rande der Erkenntnis was gut für sie wäre, aber nich nicht in der Lange es umzusetzen. Ich wollte sie mal anfeuern und mal schütteln.

Ihr kleiner Bruder PJ ist da ganz anders. Auf Zehenspitzen schleicht er durchs Leben. Bloß den Eltern nicht noch mehr Sorgen machen! Bloß alle Probleme selbst klären. Irgendwie! Auch wenn er sich dadurch in die schlimmsten Situationen bringt. Er ist ein wirklich empathischer und unheimlich intelligenter Junge nur merkt das niemand so richtig, weil er seine Gedanken meist für sich behält. Sein Teil der Geschichte hat mir oft das Herz schwer werden lassen.

Und natürlich sind da noch die Eltern: Dickie - ein viel zu gutmütiger Autohändler aus gutem Hause der ein Geheimnis hütet - und Imelda - eine Schönheit mit Wut im Bauch und einer fast schon absurd bewegten Vergangenheit von der kaum jemand weiß.

Man denkt, aus den vorangegangenen Perspektiven hat man schon einiges über die jeweilige Person erfahren, aber Pustekuchen! Jede Figur hat mich aufs neue überrascht, jede ist mir auf eigene Art ans Herz gewachsen, jede hat mich mitfiebern lassen und jede hat mich zweifeln lassen, ob wir auf ein Happy End oder eine Katastrophe zusteuern.

Wer es auschweifend mag, wer gerne ganz tief in Figuren eintaucht und nebenbei noch ein bisschen über gälischen Fußball, die Wirtschaftskriese oder Dublin in den 70ern erfahren möchte, der ist hier genau richtig. Meinen Geschmack hat der Roman voll getroffen. Ich habe mich keine Sekunde gelangweilt uns hätte noch ewig weiterlesen mögen.