Rezension

Leben heißt Schmerz empfinden

Baumgartner -

Baumgartner
von Paul Auster

Bewertet mit 5 Sternen

Was für ein wunderbares, zartbitter-introspektives Buch… Es geht um Liebe, es geht um Trauer, es geht um das Altern, und für mich hatte jede Seite einen tiefen emotionalen Widerhall. Ohne Kitsch. Ohne erzwungene Rührseligkeit. In meinen Augen ist «Baumgartner» ein mehr als würdiger Ausklang für Paul Austers großes Werk.

Wir folgen den Gedanken des 71-jährigen Philosophieprofessors Seymour 'Sy' Baumgartner, der klug und selbstironisch über Vergangenheit und Gegenwart reflektiert, mit einem steten Unterton der leisen Sehnsucht.Vor einem Jahrzehnt ertrank seine große Liebe Anna, und er hat diesen Verlust nie verwunden, tastet sich jedoch vorsichtig heran an ein mögliches spätes Glück.

Der Roman verwendet eine nicht-lineare Struktur und wechselt nahtlos zwischen den verschiedenen Phasen in Sys Leben, was sich meines Erachtens sehr 'organisch' anfühlt: Nicht erdacht, nicht erfunden, sondern entstanden aus gelebter Erfahrung. Das Narrativ konzentriert sich auf innere Konflikte, jegliche Spannung ergibt sich aus Sys Emotionen und seiner Sinnsuche. 

Austers Schreibstil ist elegant und poetisch; er verwebt die Themen des Romans in leisem, introspektivem Ton. Es gelingt ihm, einen lebendigen Eindruck von Sys innerer Welt zu vermitteln, die von Erinnerungen und philosophischen Überlegungen erfüllt ist. 

Mein Fazit: 

Wer charakterorientierte, introspektive Romane schätzt und sich für die philosophische Erforschung der Komplexitäten des Lebens interessiert, wird «Baumgartner» vermutlich ebenfalls zu schätzen wissen. Ich habe den Roman geliebt, und er wird mir ohne Zweifel lange im Gedächtnis bleiben. Mit Paul Auster hat die Welt einen großen Literaten verloren.