Rezension

Ein Spiegelbild von Kings Vielschichtigkeit

Albträume - Stephen King

Albträume
von Stephen King

Bewertet mit 4 Sternen

In "Albträume" erzählt Stephen King anhand von 25 Kurzgeschichten von nächtlichen Schrecken und schaurigen Traumlandschaften. 

Obwohl ich bei Kurzgeschichten stets zurückhaltend bin, lese ich die Werke von Stephen King gerne, weshalb ich mich keinesfalls von seinen Anthologien abhalte. In diesem Wälzer sind 25 Kurzgeschichten gesammelt, die mir im Großen und Ganzen gut gefallen haben, obwohl einige Ausreißer dabei gewesen sind.

Thematisches ist es ein wildes Sammelsurium. Die Geschichten handeln vom Ende der Welt, rachsüchtigen Gebissen, fliegenden Nachtschrecken und bösen Vorahnungen. Manche davon sind witzig, andere eher derb und dann gibt es welche, die keinen Sinn ergeben, und mir trotzdem gefielen.

Fünf Geschichten entsprachen weniger meinem Geschmack. In "Kopf runter" ist es gar arg sportlich zugegangen und King hat sich in seiner Leidenschaft für Baseball verloren. Da ich - sogar bei King - Gedichte gar nicht mag, hat mich auch "August in Brooklyn" nicht überzeugt. 

Zum Mittelmaß zählen für mich "Dolans Cadillac", die sich langsam aufbaut, und den Clou auf der Strecke lässt. In "Das fünfte Viertel" ist eine Sammelwut aufgetreten, die letztendlich bizarr und etwas merkwürdig ist. Castle Rock wird in "Es wächst einem über den Kopf" besucht, was von eigenartigen Bauweisen und sexuellen Begierden handelt. 

Deutlich packender war die Geschichte von "Popsy", der seinen Nachwuchs im Einkaufszentrum vergisst. Etwas irre wird es in "Klapperzähne", was höllischen Respekt vor Beißerchen mit Füßen lehrt. Richtig grauslich wird es in "Zueignung", worüber ich gar nicht erst nachdenken will. Nach "Der rasende Finger" traut man sich nicht mehr ins Bad und dank "Turnschuhe" hat man ab sofort beim Gang auf's stille Örtchen seine Bedenken. Mit "Verdammt gute Band" fühlt man sich wie im Hardrock Café während "Hausentbindung" inmitten einer Zombie-Apokalpyse führt. "Entschuldigung, richtig verbunden" ist eher traurig und lässt an die Twilight Zone denken. Während King in die "Die Zehn-Uhr-Leute" ein spannendes Konzept auf die Beine stellt. Nach "Crouch End" in London reist man besser nicht, dafür zeigt sich, dass sich in "Das Haus in der Maple Street" das Blatt zum Guten wendet. In "Der Fall des Doktors" sind Dr. Watson und Sherlock Holmes zu Gast, wodurch King zeigt, dass er auch Detektivgeschichten schreiben kann. "Der Bettler und der Diamant" ist die abschließende Geschichte im Buch, worin eine göttliche Fügung für wahrhaftige Zufriedenheit sorgt.

Sechs Geschichten haben mir ausgezeichnet gefallen. Bei "Das Ende des ganzen Schlamassels" steht die Menschheit am Ende, weil sie endlich einen Ausweg aus der Aggression gefunden hat. In "Kinderschreck" hakt das Bildungssystem aus, während in "Der Nachtflieger" ein Journalist auf die Story seines Lebens trifft. Mit "Regenzeit" wird klassischer Horror in einer kleinen Stadt bedient und in "Umneys letzter Fall" hat sich ein Schriftsteller mit seiner Figur angelegt. Absolut merkwürdig und skurril ist "Mein hübsches Pony", deren Sinn mir nach wie unbegreiflich ist, was der Story aber keinesfalls den Unterhaltungswert nimmt. 

„Albträume“ ist ein Spiegelbild von Kings Vielschichtigkeit und seinem Ideenreichtum, wobei er viele Emotionen beim Leser weckt. Es kommt einen das Grausen, ein anderes Mal wird es furchtbar unbehaglich, während man von lebensbejahender Freude, Kämpfernaturen oder Hoffnungsschimmern überwältigt wird. Einmal hat das Böse die Oberhand, doch dann zeigen die Guten, dass sie sich nichts gefallen lassen, während der Autor laufend verdeutlicht, dass in jedem einzelnen Menschen das Schlechte wie das Gute gleichermaßen steckt.

Mir haben Stephen Kings „Albträume“ Spaß gemacht und ich bin mir sicher, dass jeder Horror-Leser einige Geschichten darin für sich findet.